FALLSTUDIE Power Generation

Hof in Westewitz wird zum Kraftwerk - BHKW-Anlage versorgt nahe gelegenes Krankenhaus mit Bio-Wärme

Veröffentlicht am 03 März 2017

Das Blockheizkraftwerk im sächsischen Westewitz deckt den Grundwärmebedarf des nahen Bethanien-Krankenhauses. Eine Winwin- Situation für beide Partner, denn die Klinik heizt so deutlich günstiger als früher und die Eigner der BHKW-Anlage können nicht nur Strom, sondern auch gleichzeitig die erzeugte Wärme vermarkten.
Details

Wer

Familie Krawczyk, private Anlagenbetreiber

Was

BHKW-Modul vom Typ GC 350 B5

Wie

Wo

Westewitz, Deutschland

Westewitz, Deutschland – In dem kleinen Ort Westewitz in Sachsen liegt der Hof der Familie Krawczyk. Hier bewirtschaften Vater Volkmar und seine beiden Söhne, Thorsten und Sven, 700 Hektar Land und 300 Rinder. Bereits vor Jahren machten sich die Krawczyks erstmals Gedanken zum Thema Biogas, um die auf dem Hof anfallenden organischen Reststoffe sinnvoll zu nutzen. Nach ausführlichen Überlegungen zum richtigen Konzept und sorgfältiger Abwägung der Investitionsrisiken traf die Familie Krawczyk eine Entscheidung: die Firma U.T.S. Umwelt-Technik-Süd GmbH errichtete eine Biogas-Vorzeigeanlage in Westewitz, die Ende 2004 in Betrieb genommen werden konnte. Sie besteht aus einer Vorgrube für Gülle und Jauche, zwei Fermentern mit jeweils 1.350 m3 und einem Nachgärbehälter (2.000 m3), der zugleich als Gasspeicher dient. Täglich werden den Fermentern 60 m3 Gülle und 25 Tonnen Feststoffe zugeführt.
Damit erhalten die Anlagenbetreiber gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) neben der Grundvergütung für den Strom noch einen zu- sätzlichen Bonus, da ausschließlich Gülle und nachwachsende Rohstoffe eingesetzt werden. Im Maschinenraum stehen seit Ende 2005 zwei Biogas-Blockheizkraftwerke von mtu, die die ursprünglichen Anlagen eines anderen Herstellers ersetzen.
Die BHKW-Module vom Typ GC 350 B5 werden jeweils von einem 12-Zylinder-Gasmotor angetrieben. Jedes Modul erbringt eine elektrische Leistung von 350 Kilowatt und eine thermische Leistung von 475 Kilowatt. Geregelt werden die beiden Module von der mtu Module Control (MMC), in der die wichtigsten Funktionen der Anlagensteuerung enthalten sind. Alle für die BHKW-Anlage notwendigen Hilfsantriebe können damit bedient werden.

Vorzeigeprojekt Westewitz


Häufig steht in Biogasanlagen ausschließlich der erzeugte Strom im Vordergrund, die zusätzlich verfügbare Wärme kann jedoch aufgrund zu weiter Entfernungen zu potenziellen Abnehmern nicht genutzt werden. In Westewitz hingegen wird auch das volle Wärmepotenzial ausgeschöpft. Abnehmer der Wärme ist ein Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie mit Heimund Pflegebereich, das in unmittelbarer Nähe zur Biogasanlage liegt. Das Krankenhaus kann mit der Wärme einen Großteil seines Grundlastbedarfs abdecken. Durch die Ausnutzung der vollen Wärmeauskopplung erreicht die BHKW-Anlage einen vorbildlichen Gesamtwirkungsgrad von fast 90 Prozent. Auch verschiedene Institute und Lehranstalten haben den Vorzeigecharakter der Anlage erkannt und nutzen die Anlage zu De- monstrations- und Forschungszwecken.
Neben Mitarbeitern des Fraunhofer-Instituts sind auch Lehrkräfte und Studenten der Technischen Universität TU Dresden häufige Gäste. Außerdem besuchen die Anlage regelmäßig Schulklassen, interessierte Landwirte und Politiker. Nicht nur die Forschungsarbeiten des Fraunhofer-Instituts und der TU Dresden führen zu einer kontinuierlichen Weiterentwicklung der Anlage. Auch der Vater und die Söhne Krawczyk zeigen ein ständiges Interesse, mögliche Verbesserungen umzusetzen. Auch über einen Ausbau der Anlage haben sich die Betreiber bereits ihre Gedanken gemacht. In der nächsten Ausbauphase wollen sie den jetzigen Nachgärbehälter als zusätzlichen Fermenter nutzen. Als Ersatz für den Nachgärer soll ein neues Endlager errichtet werden. Im Maschinenraum ist der Einbau eines dritten BHKW-Moduls von mtu geplant. Die zusätzliche Wärme können das Krankenhaus und eine geplante Großküche nutzen. Die für die Erweiterung benötigten Substrate erwirtschaften die Landwirte Krawczyk auf einer mittlerweile zur Verfügung stehenden Fläche von 700 Hektar. Die geplante Erweiterung zeigt, dass die Krawczyks die Biogasanlage inzwischen als zweites Standbein betrachten und weiter entwickeln wollen.