Karl Maybach: Vordenker der Hochtechnologie
Veröffentlicht am 06 Juli 2004
Karl Maybach nimmt in der Geschichte der Automobil- und Antriebstechnik eine herausragende Rolle ein.
Karl Maybach gehört zu den Gründervätern des Maybach-Motorenbaus, der Vorgängergesellschaft der MTU Friedrichshafen. Aus diesem Grund ist es dem Erfinder und Konstrukteur Karl Maybach maßgeblich mit zu verdanken, dass in Friedrichshafen bis heute Hochleistungs-Dieselmotoren gebaut und in alle Welt verkauft werden. Die mtu ist einer der weltweit bedeutendsten Hersteller von Hochleistungsdieselmotoren und kompletten Antriebssystemen für Off-Highway-Anwendungen und differenziert sich vom Wettbewerb - ganz in der Tradition des Maybach-Motorenbaus - durch ihre Rolle als Technologieführer der Branche.
1909 von Wilhelm und Karl Maybach in Bissingen an der Enz gegründet, siedelte sich die Luftschiff-Motorenbau GmbH 1912 in Friedrichshafen an, um Motoren für die Luftschiffe des Grafen Zeppelin zu bauen. Dem Maybach-Motorenbau, wie das Unternehmen ab 1918 hieß, gelang es, leichte, leistungsstarke und brandsichere Motoren zu entwickeln, die sich in zivil genutzten Luftschiffen bewährten. Neben den Luftschiffmotoren produzierte der Maybach-Motorenbau bald auch Flugzeugmotoren. Der weltweit erste Höhenflugmotor, der Typ Mb IVa, der in der Höhe die gleiche Leistung wie am Boden abgab, wurde ein voller Erfolg.
Durch den Versailler Vertrag war es Deutschland untersagt, selbst für zivile Flugzeuge Motoren zu bauen. Daher musste das Unternehmen sein komplettes Produktionsprogramm kurzfristig umstellen. Der Maybach-Motorenbau begann, schnellaufende Dieselmotoren für Lokomotiven und Schiffe zu entwickeln und wandte sich auch dem Automobil zu. Karl Maybach, der Geschäftsführer, wollte sich darauf spezialisieren, Motoren und Getriebe für andere Automobilhersteller zu bauen. Die holländische Automobilfabrik Trompenburg bestellte von Maybach Motoren für ihre exklusiven Spyker-Wagen, geriet aber in finanzielle Schwierigkeiten und konnte die Motoren nicht mehr abnehmen.
Deshalb entschied sich Karl Maybach, Automobile selbst zu bauen. Sein Ziel war es, das technisch beste und anspruchsvollste Automobil zu bauen. Bereits der erste Maybach-Wagen, der sogenannte Typ W 3, sorgte auf der Automobilausstellung 1921 in Berlin für Aufsehen. Die Maybach-Wagen wurden bekannt für ihre leistungsstarken Motoren und für die modernen Vorwahlgetriebe, Vorläufer der heutigen Automatikgetriebe. 1929 brachte das Unternehmen den berühmten Maybach Typ 12 auf den Markt. Neben Horch war dieser Fahrzeugtyp der einzige deutsche Wagen der Vorkriegszeit mit einem 12-Zylinder-Motor. Das Hubvolumen lag bei sieben, später bei acht Litern, die Leistung betrug 150 bzw. 200 PS. Der Preis des Maybach „Zeppelin“, wie der Wagen ab 1931 genannt wurde, lag bei bis zu 50.000 Reichsmark; dafür hätte man damals auch fünf Einfamilienhäuser oder 33 Opel P4-Wagen bekommen.
Die Produktionszahlen waren entsprechend niedrig. Bis 1939 wurden lediglich 200 Fahrzeuge dieses Typs gebaut. Der Maybach war in erster Linie ein luxuriöses Repräsentations-Objekt. Von den sportlichen Cabriolets abgesehen war ein Chauffeur Standard. Maybach-Besitzer waren prominent: Könige, Hochadel, Staatsoberhäupter, hochrangige Politiker, Unternehmensvorstände oder Größen aus der Unterhaltungsbranche - die im Unternehmensarchiv der mtu erhaltenen Verkaufslisten lesen sich wie ein „Who’s Who“ der oberen Zehntausend der 1920er und 1930er Jahre in Deutschland und zahlreichen Ländern bis hin zu den indischen Maharadschas.
Anfang der 30er Jahre bauten deutsche Yachtwerften - speziell Lürssen - zahlreiche schnelle Motoryachten für Kunden in den USA. Alle wurden von Luftschiff- und Dieselmotoren von Maybach angetrieben. Zu dieser Zeit besaß das Friedrichshafener Unternehmen auch zwei Vorführboote auf dem Bodensee. Gemeinsam mit dem Luftschiffbau entwickelte Maybach im Windkanal eine Stromlinienform für Triebzüge, die als Vorläufer unserer heutigen Hochgeschwindigkeitszüge bezeichnet werden kann, allen voran der berühmte „Fliegende Hamburger“.
Nach dem Zweiten Weltkrieg rettete Karl Maybach seine Fabrik durch die Zusage, für Frankreich Motoren zu entwickeln, wenn das Werk in Friedrichshafen weiter produzieren dürfe. Der Hauptmarkt für den Maybach-Motorenbau war damals die Eisenbahn, doch die hohe Leistungsdichte machte die Baureihe auch zum konkurrenzlosen Antrieb schneller Schiffe.
Trotz wirtschaftlicher Erfolge erkannte der Nachfolger Karl Maybachs, Jean Raebel, Ende der 1950er Jahre, dass das Unternehmen einen Partner brauchte, um langfristig bestehen zu können. Er fand ihn in der Daimler-Benz AG, wo man ebenfalls einen Partner für den Großmotorenbau suchte. Die 60er Jahre standen deshalb im Zeichen der Fusion mit dem Großmotorenbereich aus Stuttgart-Untertürkheim zur Maybach Mercedes-Benz Motorenbau GmbH in Friedrichshafen. 1969 gründeten Daimler-Benz und MAN die MTU Friedrichshafen, die schnelllaufende Dieselmotoren im Leistungsbereich zwischen 1.000 und 10.000 PS bauen sollte. Die Hauptabsatzmärkte verlagerten sich schnell auf das Ausland. Bis Anfang der 90er Jahre stieg der Exportanteil bei Motoren auf über 70 Prozent. Der Umsatz stieg von 270 Millionen Mark im Jahre 1970 auf über 1,3 Milliarden Euro im Jahr 2003.