FALLSTUDIE Power Generation

Durch Wärme und Strom zu cremigen Eis - Langnese-Werk nutzt Wärme von mtu-BHKW zur Herstellung von Eis

Veröffentlicht am 03 März 2017

Im Süden des schönen Hessen, in Heppenheim, steht die größte Eisproduktion Deutschlands. Hier produziert die Marke Langnese für ganz Europa Eis. Um den hohen Wärme- und Energiebedarf teilweise selbst abzudecken, wird hier seit Ende 2009 ein wärmegesteuertes Blockheizkraftwerk (BHKW) von mtu eingesetzt. Das 16-Zylinder-Erdgasaggregat der mtu-Baureihe 4000 erreicht durch die optimale Wärmeausnutzung einen Wirkungsgrad von 87,1 Prozent. Langnese kann mit Hilfe des Blockheizkraftwerkes die individuelle Wärmeerzeugung an die Produktionszeiten im Werk anpassen.
Details

Wer

Eishersteller Langnese

Was

Wärmegesteuertes Blockheizkraftwerk mit mtu-Gasmotor der Baureihe 4000

Wie

Wo

Heppenheim, Deutschland

Schwierige Vorgaben mit Bravour gemeistert: „Viele anderen Anbieter haben schwer geschluckt, aber mtu hat gesagt: ‚Wir bekommen es hin!‘“

Friedrich Daum - Betriebsingenieur Langnese-Werk Heppenheim

Heppenheim, Deutschland — Magnum, Capri oder Cornetto — die Eiskreationen von Langnese haben eine lange Tradition. Bereits im Jahr 1927 kaufte der Geschäftsmann Karl Rolf Seyferth die Biskuit-Fabrik des Exportkaufmanns Viktor Emil Heinrich Langnese und sicherte sich damit den Markennamen. Im Jahr 1935 wurde dann das erste Eis am Stiel produziert. Heute gehört Langnese zu dem Verbrauchsgüterkonzern Unilever und produziert weltweit Eis. In Heppenheim werden über 250 verschiedene Eisprodukte gefertigt. Am Tag werden bis zu fünf Millionen Stück produziert. So entstehen 150 Millionen Liter Eis jährlich. Der kalte Nachtisch wird europaweit, aber auch zum Beispiel nach Israel, Australien und die USA exportiert. Jeder Standort ist auf ein Produkt spezialisiert. „So ist in Heppenheim die zentrale Magnum-Produktion angesiedelt, dafür produzieren wir hier keine Produkte mit Waffeln wie zum Beispiel Cornetto“, erklärt Friedrich Daum, Betriebsingenieur im Langnese-Werk in Heppenheim. „Diese Produkte werden in Italien an unserem Standort in Caivano produziert. Hier haben wir auch eine eigene Waffel-Bäckerei.“

Wärme für die Produktion


Um aus den Grundbestandteilen Milch, Zucker, Fett, Schokolade, Fruchtzubereitungen, Aromen, Trinkwasser und Luft Eis herzustellen, spielt Wärme eine zentrale Rolle. Die Wärme für die Produktion erzeugt der Eisproduzent Langnese selbst. Dabei setzt er auf ein Blockheizkraftwerk (BHKW) der Firma mtu. Das BHKW, das mit einem mtu-Erdgasmotor der Baureihe 16V 4000 vom Typ L62 ausgerüstet ist, verfügt über eine thermische Leistung von 1.719 Kilowatt. Es wurde im Werk an das bereits vorhandene Kesselhaus angeschlossen und speist die Wärme so direkt in den eigenen, 105 Grad Celsius heißen, Heizwärmekreis ein. „Den Wärmekreis muss man sich vorstellen wie den Wasserkreislauf bei einer Heizung“, erklärt Friedrich Daum. „Sobald wir an einer Stelle Wärme benötigen, zweigen wir diese mit Hilfe von Wärmetauschern aus dem zentralen Heizkreis ab.“ Pro Stunde erhitzt das BHKW bis zu 45 Kubikmeter Wasser. Die erzeugte Wärme wird in der Produktion zum Beispiel verwendet, um die Zutaten wie Fette und Schokolade in Tanks auf Verarbeitungstemperatur zu halten. Um daraus Eis herzustellen, werden alle Zutaten in sogenannten Verwiegetanks vermischt. Die homogene Masse wird dann mit Hilfe der erzeugten Wärme pasteurisiert und homogenisiert. Anschließend ruht die Eismasse bei plus vier Grad Celsius zwischen zwei und sieben Stunden in Reifetanks. Von hier wird die flüssige Masse in Gefriermaschinen gepumpt. Diese sind im Außenmantel mit Ammoniak auf minus 40 Grad Celsius gekühlt. Um die gefrorene Masse von der Wand zu bekommen, werden Schaber eingesetzt. „Dieser Prozess wiederholt sich permanent, sodass sich die abgeschabte Masse mit der flüssigen Masse verbindet und so allmählich eine festere, zähere Eismasse entsteht“, erläutert Daum weiter. Anschließend erfolgt die Abfüllung. Bei Premiumeisen wie Magnum bedeutet dies, dass die Eismasse über ein Edelstahlrohr in Form gebracht und herausgepresst, der Stiel eingeschoben und der fertige Rohling abgeschnitten sowie auf eine unter dem „Mundstück“ vorbeifahrenden Edelstahlplatte abgelegt wird. In einem Gefriertunnel, in welchem Luft mit minus 40 Grad Celsius zirkuliert, wird das Eis auf den Platten allmählich zu einer festen Masse gefroren. Hinter dem Gefriertunnel werden die durchgefrorenen Eisrohlinge von Greifern übernommen, in ein Bad aus Schokolade getaucht und anschließend in die Verpackungsmaschine eingelegt. Fertig ist die kalte Nachspeise. Die Wärme des mtu-Aggregates kann aber nicht nur für den Produktionsprozess genutzt werden. Ein weiterer Wärmetauscher zweigt Wärme für die Reinigungskreisläufe ab. An dem Heizwärmekreis hängen zudem die Begleitheizungen, die die Heizkörper der Produktionshallen wärmen oder für warmes Trinkwasser sorgen. Durch die optimale Wärmeausnutzung erreicht das BHKW einen Wirkungsgrad von bis zu 87,1 Prozent.

Hochsaison bei Langnese


In heißen Sommermonaten läuft die Eisproduktion bei Langnese auf Hochtouren. „In dieser Zeit benötigen wir mehr warmes Wasser, als das BHKW erzeugen kann. Daher haben wir unsere bestehenden Heizwasserkessel an das BHKW angeschlossen, um in diesem Fall das Wasser auf die benötigte Temperatur zu erhitzen. Wird zu viel Wärme produziert, speichern wir diese in Puffertanks. Bei wenig Bedarf wird das BHKW komplett heruntergefahren“, erläutert Friedrich Daum. Der erzeugte Strom wird in das Werksnetz eingespeist, wo ein Trafo aus den gelieferten 400 Volt die benötigten 20 Kilovolt für das Werks-Stromnetz generiert. Während der Produktion wird immer mehr Strom benötigt, als das BHKW alleine liefern kann. „Insgesamt kommen wir mit dem BHKW auf 5.000 bis 5.500 Betriebsstunden pro Jahr“, so Daum. „Dies kommt ganz darauf an, ob die Produktionsauslastung gleichmäßig auf das Jahr verteilt ist. „In heißen Sommern ist unsere Produktion gut ausgelastet. Dann haben wir einen dauerhaften Wärmebedarf und lassen das BHKW durchlaufen, wodurch es mehr Betriebsstunden sammelt. In kalten Sommern läuft das BHKW weniger, weil die Nachfrage an Eis geringer ist und so zu viel Wärme produziert werden würde.“

Sonderwünsche wurden optimal umgesetzt


Grundbedingung für die Installierung des Blockheizkraftwerkes war, dass es möglichst nah an dem bereits vorhandenen Kesselhaus platziert werden musste, damit der Wärmekreislauf optimal funktioniert. „Weil im Kesselhaus kein Platz war, hatten wir nur einen kleinen Wiesenstreifen, auf den das BHKW passen musste“, verrät Friedrich Daum. Da das Produktionswerk nahe an einem Wohngebiet liegt, durften nicht mehr als 45 Dezibel an Restschalldruck in zehn Metern Entfernung gemessen werden. „Dies ist für einen großen Motor nicht einfach. Hier haben viele andere Anbieter schwer geschluckt, aber mtu hat gesagt: „Wir bekommen es hin!““, beschreibt Daum die schwierigen Vorgaben. „mtu konnte uns so basierend auf unseren speziellen Wünschen das beste Angebot liefern. Außerdem fühlen wir uns hier in guten Händen.“ Seit der Inbetriebnahme im November 2010 kümmern sich Servicetechniker von mtu im Rahmen eines Vollwartungsvertrages um das BHKW bei Langnese. Um das BHKW zu dämmen, wurde dem Kunden eine spezielle Containerlösung angeboten. Auch für den Langnese-Standort Heppenheim hat das BHKW von mtu, neben dem finanziellen Aspekt, eine große Bedeutung. „Es ist ein wichtiger Schritt, um unsere ambitionierten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen“, erläutert Friedrich Daum. „Zum anderen tragen wir dazu bei, die schwierige Energiesituation in Deutschland ein wenig zu entzerren, da wir weniger auf das oftmals überlastete Stromnetz zurückgreifen müssen.“