FALLSTUDIE Power Generation

Gasmotoren-Aggregate liefern Wärme und Strom im Baltikum - Zuverlässige und kraftstoffeffiziente Anlagen lösen alte Kesselhäuser ab

Veröffentlicht am 03 März 2017

Damit die Einwohner der lettischen Stadt Daugavpils auch in Zukunft zuverlässig Wärme beziehen können, ersetzte ein kommunaler Energieversorger mehrere dezentrale Kesselhäuser durch moderne, erdgasbetriebene Heizkraftwerke. Basierend auf Aggregaten von mtu liefern die neuen Anlagen eine thermische Leistung von insgesamt zehn Megawatt — und erzeugen dabei knapp zehn Megawatt Strom, der gegen Vergütung in das lokale Stromnetz eingespeist wird.
Details

Wer

Baltic Marine Group, Estland

Was

Erdgasbetriebene Kraft-Wärme- Kopplungsanlagen, basierend auf Aggregaten mit mtu-Gasmotoren der Baureihe 4000

Wie

Wo

Daugavpils (Dünaburg), Lettland

Mit den neuen Anlagen konnte unser Kunde seine Energiekosten erheblich senken.

Ivan Kilter - CEO Baltic Marine Group
Daugavpils, Lettland — Viele, lange Wintertage und Temperaturen von bis zu -32°C machen zuverlässige Wärmeversorgung in Lettland zu einer wichtigen Aufgabe. Aus seiner sowjetischen Geschichte heraus besitzt das baltische Land ein sehr gut ausgebautes, zentralisiertes Fernwärmenetz, über das die benötigte Wärme in die Haushalte gelangt. Etwa 65 bis 70 Prozent der Verbraucher beziehen so ihre Wärmeenergie und 30 bis 35 Prozent ihr Warmwasser. Um diese Energie bereitzustellen, werden immer häufiger effiziente Anlagen zur Kraft-Wärme- Kopplung (KWK) eingesetzt, die gleichzeitig Strom und nutzbare Wärme generieren können. Im Jahr 2012 wurden in Lettland KWK-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 1.021 Megawatt (MW) betrieben. Dabei wurden 2.339 Gigawattstunden (GWh) Strom erzeugt, in Kombination mit 4.688 GWh Wärmeenergie — knapp zwei Drittel (62,9 Prozent) der gesamten Wärmeversorgung des Landes.

Hoher Gesamtwirkungsgrad dank Kraft- Wärme-Kopplung


Seit dem Jahr 2000 verbreiten sich die auf dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung basierenden Anlagen zunehmend in Lettland: 2009 verzeichnete das lettische statistische Bundesamt bereits 71 KWK-Module und nur drei Jahre später bereits fast doppelt so viele (133 Module). Elf davon stehen in der südwestlich gelegenen Stadt Daugavpils, wo sie vom estnischen MTUDistributor Baltic Marine Group (BMG) betrieben werden. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, die kommunale Wärmeversorgung der Stadt zu gewährleisten. Eines der Module kommt außerdem bei einem Industriekunden der Bahnbranche zum Einsatz, der die selbst produzierte Wärme- bzw. elektrische Energie direkt in seinem Werk einsetzt. Planung und Ingenieursleistungen zum Bau der Anlagen übernahm die BMG, die außerdem Heizkessel zum Abfangen der Spitzenlast sowie Wärmetauscher zum Auskoppeln der Abgaswärme bereitstellte. Die Herzstücke der Anlagen lieferte mtu: Jedes Modul besteht aus einem mtu-Gasmotor der Baureihe 4000, einem Generator und einer MMC-Modulsteuerung (MMC steht für „mtu Module Control“). Über ein Wärmemodul lässt sich dem bis zu 90 Grad heißen Motorkühlwasser Hitze entziehen, die anschließend dem Fernwärmenetz zugeführt werden kann.
Neben der Wärme erzeugen die Module über den Generator, der vom Gasmotor angetrieben wird, kontinuierlich elektrische Energie. Diese kann von den Endkunden in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden. Voraussetzung dafür ist laut dem lettischen Energiegesetz, dass die Anlage einen Effizienzgrad von mindestens 80 Prozent pro Jahr aufweisen muss — eine Forderung, die von den Kraftwerken dank ihres Gesamtwirkungsgrads von fast 88 Prozent mühelos eingehalten wird.

Zuverlässige Wärmeversorgung als Komplettlösung


Als Generalunternehmer lieferte BMG die kompletten Heizkraftwerke aus einer Hand, die ersten beiden bereits 2010 an den kommunalen Wärmeversorger „Daugavpils Siltums“. Dieser ließ seine unwirtschaftlich gewordenen Kesselhäuser durch moderne KWK-Anlagen basierend auf mtu-Gasmotoren vom Typ 12V 4000 ersetzen. Von zwei Standorten aus liefern insgesamt acht solcher Aggregate die nötige Energie, um rund 4.500 Haushalte zu versorgen — 8.000 Kilowatt Wärmeenergie (KWth) und knapp 8.000 KW elektrische Energie (KWel). Dabei drosselte mtu elektronisch die mögliche Leistung je Motor von 1.165 KWel auf 999 KWel, um die höhere Vergütung zu sichern, die bei Anlagen mit einer Leistung unter 1.000 KWel fällig wird. Mehr als 10.000 Betriebsstunden hat jedes der Aggregate inzwischen absolviert. „Die Gasmotoren wurden von mtu für den Dauerbetrieb unter Volllast entwickelt und optimiert“, erläutert Ivan Kilter, CEO von BMG. „Entsprechend effizient und ökonomisch sind sie, wenn es darum geht, in Heizkraftwerken Wärme und Strom zu erzeugen. Das sehen unsere Kunden genauso.“
Zusätzlich nahm BMG Mitte September 2013 zwei weitere Anlagen des Wärmeversorgers in Betrieb. An einem außerhalb der Stadt gelegenen Standort liefern zwei Aggregate vom Typ GR 1999 N5 je 2,2 MW Wärme und 1.999 KW Strom. Aufgrund des erwarteten Leistungsprofils lohnt es sich, die Heizkraftwerke mit größeren Motoren zu bestücken. Anders als die Anlagen mit Zwölfzylinder-Motoren, die — etwa im Sommer — nicht immer mit voller Leistung fahren und bei weniger Bedarf auch abgeschaltet werden, laufen die größeren Aggregate das ganze Jahr über rund um die Uhr. In Kombination mit Spitzenlastkesseln kann BMG insgesamt flexibler auf den Wärmebedarf reagieren, wenn während der Heizperiode frostige Minustemperaturen von mildem Tauwetter abgelöst werden — was durchaus innerhalb eines Tages passieren kann.

Kraftstoffeffizient und zukunftssicher ausgelegt


Da Lettland aufgrund fehlender fossiler Rohstoffe auf Importe von Russland angewiesen ist, spielt ein niedriger Kraftstoffverbrauch gerade bei der Energieversorgung eine große Rolle. „Mit den neuen Anlagen ist bedeutend weniger Erdgas notwendig, um die gleiche Menge an Wärme wie mit den alten Kesselhäusern zu erzeugen“, betont Ivan Kilter. Durch die Ausnutzung der vollen Wärmeauskopplung von Abgas und Motorwärme verwerten die KWK-Module die im Brennstoff enthaltene Energie so gründlich wie nur möglich und erreichen so ihren vorbildlichen Gesamtwirkungsgrad. „Dank ihrer hohen Energieeffizienz macht sich die Lösung für unseren Kunden bereits nach drei bis vier Jahren bezahlt.“
Hinzu kommt, dass der Wärmeversorger mit den neuen Anlagen einen Schlussstrich unter die Sicherheitsrisiken ziehen kann, die die in die Jahre gekommenen Kesselhäuser darstellen: Da derartige Anlagen nicht mehr gebaut werden, wird auch fachkundiges Wartungspersonal immer seltener — ebenso wie passende Ersatzteile. Bei den neuen Anlagen verlässt sich BMG im Ernstfall auf die Expertise des mtu Servicepersonals. Einfache Arbeiten wie Ölstandsmessungen oder der Austausch bestimmter Komponenten erledigt BMG selbst und überlässt komplexe Aufgaben dem Team von mtu, etwa wenn Verschleißteile ausgetauscht oder Motorkomponenten überprüft und aufgearbeitet werden müssen. Auch für die Generalüberholung in etwa acht Jahren nach rund 63.000 Betriebsstunden ist bereits vorgesorgt. Statt den gebrauchten Motor komplett ausbauen, überholen und wieder einbauen zu lassen — was einen Zeitraum von bis zu drei Monaten beansprucht, in dem die Anlage nicht laufen könnte — verkauft Daugavpils Siltums ihn zurück an mtu und erhält im Austausch einen baugleichen, sogenannten Reman-Motor. Dabei handelt es sich um einen Motor, der von mtu nach einer standardisierten Vorgehensweise komplett geprüft und grundüberholt wurde und damit wieder fast wie neu ist.

Industriebetrieb spart bis zu 50 Prozent Energiekosten


Neben den KWK-Modulen des Wärmeversorgers betreibt BMG noch eine weitere Anlage, die auf dem Gelände eines lettischen Herstellers von Lokomotiven steht. Sie basiert auf einem MTUGasmotor vom Typ 16V 4000 und produziert genügend Wärme (1.719 KW) und Strom (1.560 KW), um den Bedarf für Industrieprozesse, Heizung oder Beleuchtung zu decken. Das öffentliche Stromnetz nimmt der Hersteller lediglich in Anspruch, um unvorhergesehene Lastsprünge abzufangen. „Mit den neuen Anlagen konnte unser Kunde seine Energiekosten erheblich senken“, erläutert Ivan Kilter. „Für den selbst produzierten Strom bezahlt er unterm Strich nur noch halb so viel.“