STORY Power Generation

Härtetest im Schlamm

Veröffentlicht am 04 April 2016 von Ulrich Heyden, Bilder von Ulrich Heyden

In einem russischen Steinbruch liefern 1600er-Motoren Strom für Steinbrechanlagen.
Grachev, Russia

Auf dem Gelände des russischen Schotterstein-Produzenten Donskoi Kamen heult eine Sirene. Die Straße zum 50 Meter tiefen Steinbruch ist mit zwei Lastwagen versperrt. Jetzt wissen alle Arbeiter und Fahrer, dass es keinen Zutritt zu der tiefen Grube gibt, weil gesprengt wird. Dann ein Krachen. Über dem 50 Hektar großen, ovalen Loch, welches die Arbeiter in den vergangenen neun Jahren mit Bohrungen und Sprengungen in den Erdboden getrieben haben, erhebt sich eine weiß-gelbe Wolke aus Steinstaub. Im Steinbruch von Donskoi Kamen wird Sandstein im Tagebau gewonnen. Die Abbaustelle ist günstig gelegen. Zum einen liegt der Stein nicht sehr tief unter der Erde, zum anderen liegt der Steinbruch nicht weit von der Fernstraße M4 entfernt, welche den Süden Russlands und die Hafenstadt Noworossijsk mit Moskau verbindet.

Sechs Millionen Tonnen Steine holen die Mitarbeiter im Jahr aus der Erde. Aber nur etwas mehr als die Hälfte wird zum Fertigprodukt Schotter verarbeitet. Der Rest ist Abfall, der sich auf einer riesigen Halde türmt. Durch Sprengungen lockern die Arbeiter den Stein, sodass er mit Baggern auf Lastwagen verladen und dann zu den Steinbrechanlagen auf dem Unternehmensgelände gefahren werden kann. Dort wird das Steinmaterial, je nach späterer Verwendung – Straßenbau, Betonherstellung oder Uferbefestigung –, auf eine bestimmte Größe zerkleinert. Das fertige Material wird dann mit Lastwagen zum Kunden oder zu einem Zwischenlager auf dem Betriebsgelände gefahren.

Wie eine Spinne zieht sich die riesige Steinbrechanlagen von ThyssenKrupp über das Gelände des Steinbruchs. mtu-Motoren der Baureihe 1600 erzeugen 8,5 Megawatt Strom, um diese und zwei weitere Brechanlage anzutreiben.
Valery Gromov, Chief Engineer at Donskoi Kamen, is always on the look-out for favorably-priced German technology.
Donskoi Kamen verzichtet auf staubdichte Container für die Motoren. Heavy-Duty-Luftfilter mit Zyklon-Vorabscheider sorgen dafür, dass der Staub nicht ins Innere der Motoren dringt. Trotzdem müssen die Motoren täglich entstaubt werden.

Warum entschied sich die Firma Donskoi Kamen 2009 für den Kauf von mtu-Motoren? Cheftechniker Waleri Gromow erinnert sich. Die Hauptfrage sei gewesen, wie man zwei Megawatt bekommt. „Mit den Generatoren, die wir zu dem Zeitpunkt hatten, war das nicht möglich. Man hätte einen großen Generator kaufen müssen, was aber auch nicht günstig ist. Wenn du für einen Teil der Anlage nur 500 Kilowatt brauchst, musst du einen Zwei-Megawatt-Generator anschmeißen.“

Michail Pridanow, der Leiter einer Service-Firma für Großmotoren bei Moskau, riet dem Steinbruch zum Kauf von mtu-Motoren der Baureihe 1600. Der Zwölfzylinder von mtu war neu auf dem Markt und versprach – auch wegen günstiger Abgaswerte – auf lange Zeit keine Beanstandungen russischer Behörden. Auch war er, im Vergleich zu anderen Anbietern, günstig. Die Bauweise des Motors sei einfach, was Reparaturarbeiten erleichterte, erklärt der Servicemann. Sechs der 17 Motoren haben die Servicemitarbeiter bisher repariert. Der älteste Motor lief fünf Jahre - 5.000 Motorstunden – bis zur ersten Reparatur.

Die Sparsamkeit hat ihren Preis: Arbeiter sind ständig damit beschäftigt, die Brechmaschinen und die Motoren vom Staub zu reinigen, der sich nach einem Regen in grauen Schlamm verwandelt. Sie arbeiten mit Besen, Schabern und Lappen. Es ist ein unermüdlicher Kampf. Auch die Stromkabel, die aus den Boxen führen, sind nicht durch Betonschächte gesichert, sondern einfach auf der Erde verlegt.

„Das Wichtigste ist nicht die Schönheit, sondern dass die Produktion läuft”, so Pridanow. Und die läuft. Seit 2006 erhöhte sich die Produktion von Schotter und anderen Steinen von 500.000 auf heute durchschnittlich 3,5 Millionen Tonnen  Fertigprodukt im Jahr. Für den Neubau einer zehn Kilometer langen, vierspurigen Autobahnstrecke rechnet man mit 300.000 Tonnen Schotter allein für das Fundament.

Die technische Steuerung der Motoren in der ersten Stromerzeugungseinheit, welche die große Steinbrechanlage von ThyssenKrupp versorgt, ist vom Feinsten. Ihre Leistung wird durch eine Spezialsoftware synchronisiert. Damit erreicht man, dass die acht Motoren die gleiche Stromstärke produzieren und eine Netzfrequenz von 50 Hertz erreicht wird. Die Synchronisierung sorgt auch dafür, dass minimale Abweichungen bei den Motor-Umdrehungszahlen ausgeglichen werden.

Kontakt

Christian Goy
Tel.:
+49 7541 90 5145
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