Thermodynamik und
Emissionsreduktion
bei Abgasanlagen
Veröffentlicht am 08 April 2025
Brian Ponstein
Senior Product Manager
Shiran Puwanesvaran
Application Engineer
Ein kurzer Überblick über die Thermodynamik bei der Konstruktion von Abgasnachbehandlungsanlagen (AGN) kann sich nachhaltig auf die Reduzierung der Gesamt-Emissionen und Tests für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Standorts auswirken.
Kleine Schritte, große Wirkung
Selbst durch die geringste Emissionsreduzierung kann die Gesamtumweltbelastung eines Standorts deutlich gesenkt werden, insbesondere im Fall von Rechenzentren, die Notstromaggregate mit mehreren Megawatt einsetzen. Die Wahl der passenden Lösung zur Erreichung der Umweltziele eines Unternehmens beginnt bei der sorgfältigen Bewertung der Konstruktion der gesamten Anlage.
Der häufigste Typ von Notstromanlagen für betriebsnotwendige („mission-critical“) Einrichtungen sind Dieselaggregate. Da diese Aggregate für die Notstromversorgung verwendet werden, rührt ein Großteil ihrer Betriebsstunden aus erforderlichen Wartungs- und Bereitschaftstests und nicht aus dem tatsächlichen Betrieb. In der Vergangenheit erfolgten diese Tests der Aggregate einmal pro Monat oder pro Woche, jedoch sind die Notstromaggregate in jüngster Zeit so optimiert worden, dass die Tests nur noch alle drei Monate oder noch seltener durchgeführt werden müssen. Daher sind diese Anlagen in der Regel jährlich nur wenige Stunden in Betrieb.
Während der Tests müssen die Aggregate eine stabile Temperatur erreichen und eine Last von mindestens 30 % aufweisen, um die Auswirkungen eines Schwachlastbetriebs zu minimieren. Um diese stabile Temperatur zu erreichen, benötigen einige Anlagen je nach Installation mehr Zeit als andere. Der Druck zur Emissionsreduzierung nimmt stetig zu, was zur Einführung von Abgasnachbehandlungsanlagen geführt hat. Allerdings wird zur Reduzierung der Emissionen durch eine AGN-Anlage Wärme benötigt, und Wärmeerzeugung wiederum benötigt Zeit.
Bei der Dimensionierung von Abgasnachbehandlungsanlagen muss das Worst-Case-Szenario im Rahmen der Konstruktion berücksichtigt werden. Im Falle von Dieselnotstromanlagen ist dies in der Regel der Volllastbetrieb, da sie in diesem Zustand die größte Masse an Abgasstrom aufweisen. Daraus wird das Volumen der katalytischen Elemente abgeleitet, die erforderlich sind, um die gewünschte Emissionsreduzierung zu erreichen.
Wie aus der Thermodynamik bekannt, benötigt eine Masse X Zeit, um sich auf eine Temperatur Y zu erwärmen. Als Faustregel gilt, dass die Katalysatoren in Abgasnachbehandlungsanlagen in der Regel eine Temperatur von mindestens 250 °C erreichen müssen, um eine geeignete Umgebung für die chemischen Reaktionen sicherzustellen, die für Spitzenleistungen erforderlich sind. Diese Katalysatoren stellen zudem einen riesigen Kühlkörper dar, wodurch äußerst viel Zeit benötigt wird, um die gewünschte Betriebstemperatur zu erreichen. Wenn sich diese Anlagen im Standby-Modus befinden, entspricht die Temperatur der AGN-Anlage der Umgebungstemperatur. Typische Motorabgastemperaturen bei Volllast können leicht eine Temperatur von über 500 °C erreichen. Unter diesen Bedingungen kann sich die AGN-Anlage viel schneller erwärmen. Wie bereits erwähnt, werden Notstromaggregate jedoch häufiger bei einer Last von 30 % betrieben, bei der die Abgastemperaturen viel niedriger sind und auch der Abgasmassenstrom viel geringer ist. Aus diesem Grund benötigt die AGN-Anlage mehr Zeit zur Erreichung der Betriebstemperatur, um Emissionen reduzieren zu können.
Es müssen spezifische Überlegungen angestellt werden, um die ideale Schnittstelle zwischen Motor und der AGN-Anlage zur Optimierung des thermodynamischen Verhaltens der gesamten Anlage zu bestimmen, und zwar ohne die Anwendung erweiterter Steuerungen, die die Zuverlässigkeit beeinträchtigen könnten. Aus diesem Grund haben Rolls-Royce und seine Partner eine Lösung entwickelt, die die gesamte Anlage effektiv optimiert, indem sie die spezifische Zusammensetzung der in der AGN-Einhausung verwendeten Metalle, die Merkmale und die Zusammensetzung der Katalysatoren sowie das Layout der gesamten Anlage zur Optimierung des thermodynamischen Verhaltens berücksichtigt. Wenn man diesen Konstruktionsprozess auf unseren Alltag überträgt, lässt sich dies vergleichen mit der Konzipierung energieeffizienter Häuser.
Es ist gängige Praxis, die Abgasleitungen und den Reaktor thermisch zu isolieren, und zwar nicht nur aus Sicherheitsgründen, sondern auch um Wärmeverluste zu reduzieren. Eine Möglichkeit zur Verbesserung der thermischen Merkmale der Anlage besteht in der entsprechenden allgemeinen Konstruktion. Herkömmliche Reaktoren sind linear konstruiert, wobei die Abgase zunächst in den Dieselpartikelfilter (DPF) eingeleitet werden, gefolgt von einem langen Mischrohr, in das Reduktionsmittel (RM) eingespritzt wird, bevor sie anschließend in den Abschnitt der selektiven katalytischen Reduktion (SCR) gelangen. Ein zunehmender Trend ist, die Konstruktion von Abgasnachbehandlungsanlagen im One-Box-Design, bei dem alle Komponenten dicht gebündelt sind und die Wärmeenergie zwischen diesen kritischen empfindlichen Komponenten eingeschlossen/geteilt wird.
Neben der Isolierung spielt auch die Wahl der verwendeten Materialien eine äußerst wichtige Rolle. Ein Beispiel für die Bedeutung der Materialwahl sind Metalle. Abgaskomponenten werden in der Regel aus hochgekohltem Stahl oder Edelstahl gefertigt. Der Wärmeleitfähigkeitskoeffizient von Kohlenstoffstahl ist höher als von Edelstahl. Das bedeutet, dass Kohlenstoffstahl mehr Wärmeenergie aus dem Abgasstrom benötigt, um sich aufzuwärmen. Folglich ist der parasitäre Energieverbrauch bei Kohlenstoffstahl höher als bei Edelstahl.
Bei der Erstinbetriebnahme einer AGN-Anlage werden die NOx-Emissionen erst reduziert, wenn die Anlage ihre minimale Einspritztemperaturgrenze erreicht. Dies stellt eine entscheidende Thematik für einige Einrichtungen dar, die versuchen, ihren Betrieb im Rahmen einer wesentlichen Genehmigung für Emissionsquellen weiter aufrechtzuhalten und die Emissionen begrenzen müssen. Wie oben erwähnt, dauert es länger, bis die Abgasnachbehandlungsanlage die erforderliche Temperatur erreicht, wenn der Betrieb größtenteils bei 30 % Last erfolgt und die Abgastemperaturen bereits niedrig sind. Das kann die Erlangung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Standorts erschweren, da dies einen signifikanten Anteil an den Gesamt-Emissionen darstellen kann. Andererseits werden die Emissionen während der Aufwärmzeit minimiert, wenn eine schnelle Aufwärmzeit durch die Anlagenkonstruktion möglich ist. Dies wirkt sich positiv auf die Erlangung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aus. Aus diesem Grund ist dies das Ziel von Rolls-Royce Power Systems.
Der kritische Parameter bei einer Abgasnachbehandlungsanlage ist die Reduzierung der NOx-Emissionen. Hierzu wird zunächst RM zu Ammoniak zersetzt. Anschließend vermengt sich das Ammoniak in Gegenwart eines Katalysators mit dem Abgas, wodurch es zu einer chemischen Reaktion kommt. Es sei darauf hingewiesen, dass für diese Reaktion Wärme benötigt wird, beginnend bei einer Katalysatortemperatur von 200 °C, im Idealfall jedoch bei 250 °C. (Hervorzuheben ist die Tatsache, dass es sich hierbei um die Katalysatortemperatur und nicht um die Abgastemperatur handelt). Die Zersetzung von RM zu Ammoniak erfordert höhere Temperaturen von 200 bis 300 °C. Rolls-Royce hat seine Anlagen bei Volllast getestet und ein typisches Verhalten festgestellt, bei dem die Abgasnachbehandlungsanlage RM einspritzt und die NOx-Emissionen innerhalb von drei Minuten nach dem Starten des Aggregats und dem Erreichen der Volllast reduziert. Darüber hinaus hat Rolls-Royce Tests durchgeführt, die belegen, dass die Anlage bei 30 % Last RM einspritzt und die Emissionen innerhalb von acht Minuten nach dem Starten des Aggregats reduziert. Selbst bei einer Last von 10 % konnte das Aggregat innerhalb von 30 Minuten nach dem Starten RM einspritzen und die NOx-Emissionen verringern.
Abbildung 1 – Aufwärmzeit von 2-3-MW-Aggregaten ohne externe Heizung
Fazit
Es lässt sich schlussfolgern, dass die Konstruktion der Abgasnachbehandlungsanlage für Dieselnotstromaggregate die Anlage im Hinblick auf die Emissionsreduzierung optimiert. Das Anlagenlayout und die verwendeten Materialien sind wesentliche Überlegungen in Bezug auf die Konstruktion, um die Aufwärmzeit zu minimieren und die Emissionsreduzierung zu maximieren. Zudem kann die Optimierung der Schnittstelle zwischen Motor und Abgasnachbehandlungsanlage einen zusätzlichen Nutzen bringen. Die von Rolls-Royce und seinen Partner entwickelte Lösung, optimiert diese Konstruktionsmerkmale und bietet eine Lösung, mit der die Aufwärmzeit der Abgasnachbehandlungsanlage verkürzt wird und der Eigentümer/Betreiber von zusätzlichen Vorteilen bei der Beantragung von Standortgenehmigungen profitiert.
Abbildung 2 – 3000-kWe-Stromaggregat-SCR+DPF-Abgasnachbehandlungsanlage bei Volllast
Abbildung 3: Emissionsreduzierung der 3000-kWe-Stromaggregat-Abgasnachbehandlungsanlage bei Volllast