STORY Power Generation

Wasserstoff macht Verbrennungsmotoren grün

Veröffentlicht am 16 Januar 2023 von Lucie Maluck

Rolls-Royce entwickelt Wasserstoff-Verbrennungsmotoren für die stationäre Energieerzeugung. Wann kommen die Motoren auf den Markt und welche Rolle werden sie im Zusammenklang mit Brennstoffzellen und Elektrolyseuren spielen? Ein Blick hinter die Kulissen.
„Wie viele Events hatten wir heute“? Mit dieser Frage kommt Andrea Prospero früh am Morgen in den Prüfstand. „Nur wenige, es geht voran“, antwortet ihm sein Kollege Rudi Hoff. Die beiden Männer sind Entwickler bei Rolls-Royce und entwickeln in einem interdisziplinären Team ein Stück Zukunft für das Unternehmen, das bisher vor allem Diesel- und Gasmotoren herstellt: den ersten Wasserstoff-Verbrennungsmotor. Und dabei spielen die Events eine große Rolle.  

Wasserstoff-Verbrennung ist eine Herausforderung

„Ganz einfach ausgedrückt sprechen wir von einem Event, wenn das Wasserstoff-Luftgemisch im Zylinder zu früh zündet“, verrät Rudi Hoff. Seit zwei Jahren beschäftigt er sich intensiv mit der Verbrennung von Wasserstoff. Und die sei durchaus herausfordernd. Denn Wasserstoff ist äußerst zündwillig. Wenn nur ein wenig davon in der Luft ist, reicht schon ein kleiner Funke, um das Gemisch zu entzünden. Die Ingenieure hatten schon Erfahrungen mit mtu-Gasmotoren, die die Grundlage für die neuen Wasserstoffmotoren sind, doch gerade bei der Verbrennung gebe es große Unterschiede.    

Ein eingespieltes Team: Andrea Prospero (l.) und Rudi Hoff (r.) testen seit über einem halben Jahr zusammen den neuen mtu-Wasserstoff-Verbrennungsmotor.

2024 sollen erste mtu-Wasserstoffmotoren ausgeliefert werden

Die Herausforderungen gilt es jetzt in den kommenden Monaten zu lösen. Denn schon in einem Jahr sollen im Januar 2024 die ersten zwei mtu-Wasserstoffmotoren ausgeliefert werden. In Blockheizkraftwerken sollen sie am Duisburger Binnenhafen Duisport   im Rahmen des Projekts enerPort im ersten CO2-neutralen Containerterminal Deutschlands klimaneutral Strom und Wärme erzeugen. „enerPort ist noch ein Forschungsprojekt, im Jahr 2026 wird es dann ernst“, sagt Hoff. Dann sollen die Motoren serienreif und für alle Kunden verfügbar sein. Und das mit beeindruckenden Leistungsdaten:  

Der Zwölfzylinder-Motor soll knapp ein Megawatt Leistung haben. Dass er das kann, hat der Motor schon auf dem Prüfstand bewiesen.

Youtube Video

Grundlage für die neuen Wasserstoffmotoren sind die bewährten, stationären mtu-Gasmotoren. Diese bekommen neue Teile:

  • Die Turbolader werden durch neue, von Rolls-Royce entwickelten Lader ersetzt. Diese sind größer als bei den Gasmotoren, da sie wesentlich mehr Luft verdichten müssen.  
  • Die Zylinder haben ein neues, an Wasserstoff angepasstes Design. Der Grund ist das niedrigere Verdichtungsverhältnis in den Zylindern, das wegen der höheren Zündwilligkeit von Wasserstoff notwendig ist.  
  • Einspritzsystem: Anders als beim Gasmotor wird der Wasserstoff erst kurz vor dem Zylinder der Ladeluft zugeführt. Denn befände sich der Wasserstoff schon im Ladeluftrohr, wäre die Gefahr unkontrollierter Verbrennungen zu groß, da der Kraftstoff so schnell zündet.    
  • Um die komplexe Wasserstoffverbrennung zu regeln, hat der Motor eine neue Steuerung bekommen. Diese liest beispielsweise auch Drucksensoren in den Zylindern aus, die beim stationären Gasmotor nicht notwendig sind.

Einspritzsystem

Anders als beim Gasmotor wird der Wasserstoff erst kurz vor dem Zylinder der Ladeluft zugeführt. Denn befände sich der Wasserstoff schon im Ladeluftrohr, wäre die Gefahr unkontrollierter Verbrennungen zu groß, da der Kraftstoff so schnell zündet.

Turbolader

Die Turbolader werden durch neue Lader ersetzt. Diese sind größer als bei den Gasmotoren, da sie wesentlich mehr Luft verdichten müssen.

Zylinderdesign

Die Zylinder haben ein neues, an Wasserstoff angepasstes Design. Der Grund ist das niedrigere Verdichtungsverhältnis in den Zylindern, das wegen der höheren Zündwilligkeit von Wasserstoff notwendig ist.

Steuerung

Um die komplexe Wasserstoffverbrennung zu regeln, hat der Motor eine neue Steuerung bekommen. Diese liest beispielsweise auch Drucksensoren in den Zylindern aus, die beim stationären Gasmotor nicht notwendig sind.

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Einspritzsystem

Anders als beim Gasmotor wird der Wasserstoff erst kurz vor dem Zylinder der Ladeluft zugeführt. Denn befände sich der Wasserstoff schon im Ladeluftrohr, wäre die Gefahr unkontrollierter Verbrennungen zu groß, da der Kraftstoff so schnell zündet.

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Turbolader

Die Turbolader werden durch neue Lader ersetzt. Diese sind größer als bei den Gasmotoren, da sie wesentlich mehr Luft verdichten müssen.

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Zylinderdesign

Die Zylinder haben ein neues, an Wasserstoff angepasstes Design. Der Grund ist das niedrigere Verdichtungsverhältnis in den Zylindern, das wegen der höheren Zündwilligkeit von Wasserstoff notwendig ist.

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Steuerung

Um die komplexe Wasserstoffverbrennung zu regeln, hat der Motor eine neue Steuerung bekommen. Diese liest beispielsweise auch Drucksensoren in den Zylindern aus, die beim stationären Gasmotor nicht notwendig sind.

Umrüst-Kit für bestehende Gasmotoren

Doch Andrea Prospero, Rudi Hoff und ihre Kollegen arbeiten nicht nur an einem neuen Wasserstoff-Verbrennungsmotor. Sie entwickeln parallel auch ein Umrüst-Kit für bereits bestehende mtu-Gasmotoren. „Kunden haben so die Möglichkeit, beispielsweise im Rahmen einer Grundüberholung ihrer Motoren aus einem Gasmotor einen Wasserstoffmotor zu machen“, verrät Hoff.  

Denn noch sind Wasserstoffmotoren für die Stromversorgung nicht gefragt, da sie sich kaum rechnen. Zum einen ist grüner, mit Energie aus regenerativen Quellen erzeugter Wasserstoff, schwer zu bekommen. Zum anderen ist er noch viel zu teuer. Doch das wird nicht so bleiben. Auf der ganzen Welt sind Wasserstoff-Projekte im Kommen und es ist davon auszugehen, dass der Kraftstoff bald nicht nur verfügbar, sondern auch wirtschaftlich sein wird.   „Wenn das so weit ist, können Kunden ihre bestehenden Gasmotoren mit dem Umrüstkit zu Wasserstoffmotoren umbauen – oder heute einen Gasmotor kaufen, in der Gewissheit, ihn später zum Wasserstoffmotor umbauen zu können“, so Hoff.  

Noch steht er verkabelt auf dem Prüfstand. In etwa einem Jahr soll der erste mtu-Wasserstoffmotor im Duisburger Binnenhafen Energie erzeugen.

Verbrennungsmotoren sind Teil des mtu-Wasserstoff-Ökosystems

Die mtu-Wasserstoffmotoren sind Teil eines Wasserstoff-Ökosystems. Denn neben Verbrennungsmotoren entwickeln Rolls-Royce-Ingenieure auch Brennstoffzellen   für die stationäre Stromversorgung. „Kunden haben dann die Wahl zwischen Verbrennungsmotoren und Brennstoffzellen – beide Technologien erzeugen grünen Strom, haben aber andere Schwerpunkte“, so Andrea Prospero.  

Benötigt ein Kunde gleichbleibend Strom, ist für ihn die Brennstoffzelle die erste Wahl. Möchte er aber auch die Wärmeenergie nutzen und beispielsweise ein Fernwärmenetz betreiben, setzt er eher auf den Wasserstoff-Verbrennungsmotor in einem klassischen Blockheizkraftwerk.  

Brennstoffzellen und Verbrennungsmotoren als Energiespeicher

Eine wichtige Rolle werden sowohl die Brennstoffzelle als auch der Verbrennungsmotor künftig auch immer dann spielen, wenn Energie gespeichert werden soll. Denn in Zukunft wird immer mehr Strom erneuerbar erzeugt – beispielsweise mit Solaranlagen oder Windkrafträdern. In einer idealen Welt wird diese erneuerbare elektrische Energie passgenau für den Einsatz produziert. Doch die Welt ist nicht ideal, und die Windkrafträder produzieren den meisten Strom, wenn viel Wind weht. Genauso sind die Photovoltaikanlagen immer dann besonders effektiv, wenn die Sonne scheint.  

Elektrolyseure erzeugen Wasserstoff  

Dann entsteht viel Strom, der nicht immer direkt genutzt werden kann, und daher gespeichert werden muss. Dies geschieht entweder in Batterien oder – in anderer Form – als Kraftstoff. Dafür entwickelt Rolls-Royce Elektrolyseure . In diesen werden in einem elektrochemischen Verfahren mit elektrischer Energie Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt. Der Wasserstoff wird in speziellen Puffertanks gespeichert, um dann, wenn Windräder und Photovoltaikanlagen gerade keine Energie liefern, in einer Brennstoffzelle oder in einem Blockheizkraftwerk – ausgestattet mit dem neuen mtu-Wasserstoffmotor – elektrische und thermische Energie zu liefern.

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Doch bis es so weit ist, müssen Andrea Prospero und Rudi Hoff die Motoren noch weiter abstimmen und dafür sorgen, dass es gar keine Events mehr gibt. „Das schaffen wir“, sind beide sicher. Und die Zuversicht und gute Laune, die sie dabei ausstrahlen, ist ansteckend.    

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