PRESSEMELDUNG Corporate

Erste Hochtemperatur-Brennstoffzelle im Bi-Fuel-Einsatz

Veröffentlicht am 30 September 2004

Am 30. September ist bei Vattenfall in Berlin die erste Bi-Fuel-Brennstoffzelle ans Netz gegangen.
  • HotModule bei Vattenfall in Berlin in Betrieb genommen
  • Hochlauf der Serienproduktion für 2006 geplant
  • Rekordergebnisse beim Wirkungsgrad erzielt
  • Hohes Marktpotenzial der Technologie
  • Neue Perspektiven der Energieerzeugung

Am 30. September ist bei Vattenfall in Berlin die erste Bi-Fuel-Brennstoffzelle ans Netz gegangen. Die Anlage im „Innovationspark Brennstoffzelle“ wird mit Erdgas, mit Methanol oder beidem betrieben. Das „HotModule“, so die Produktbezeichnung der Brennstoffzellen-Anlage, wird im Rahmen eines Feldversuchs bei der BeWAG im Alltagsbetrieb getestet. Der Testlauf soll zeigen, das das HotModule mit verschiedenen Brennstoffen betrieben werden kann. Diese Anlage demonstriert zudem die Unabhängigkeit von Netzstrukturen, da flüssiger Brennstoff eingesetzt wird, der aus Abfällen der Stadt Berlin gewonnen wird.

Das HotModule stammt von mtu CFC Solutions, einem Unternehmen der DaimlerChrysler AG. Es ist eine Technologie, die als dezentrales Kleinkraftwerk entwickelt wurde und die sich nach über zehn Jahren Entwicklung derzeit in der Phase der Praxis-Erprobung befindet. Hierbei werden Anlagen dieser Art in unterschiedlichen Anwendungsbereichen auf ihre Alltagstauglichkeit getestet.

Während MTU Friedrichshafen, die Muttergesellschaft der mtu CFC Solutions GmbH, im Kerngeschäft Dieselmotoren und Antriebssysteme für Schiffe, Bahnen, Schwerfahrzeuge und für die dezentrale Energieversorgung herstellt, betreibt das Unternehmen die Entwicklung und Serienreifmachung des HotModules innerhalb einer langfristig angelegten Strategie. Bei der Inbetriebnahme sagte Michael Bode, Geschäftsführer der mtu CFC Solutions GmbH: „Brennstoffzellen stellen für unsere Muttergesellschaft langfristig gesehen eine Ergänzung des heutigen Produktprogramms dar, speziell im Bereich Energiesysteme.“

Das HotModule ist besonders umweltfreundlich, weil es so gut wie keine Schadstoffe emittiert. Es ist obendrein ressourcenschonend, weil es bedeutend weniger Brennstoff als vergleichbare konventionelle Kraftwerke benötigt, um die gleiche Menge Strom herzustellen. Als dezentrales Kleinkraftwerk ist die Anlage vor allem deshalb gut geeignet, weil sie außer Strom auch Hochtemperatur- Wärme generiert. Die Wärme wird für eine Vielzahl industrieller Prozesse benötigt, bei Michelin beispielsweise zur Erzeugung von Prozessdampf für die Vulkanisation von Reifen. Das HotModule wird im Normalfall mit Erdgas betrieben, kann aber, wie Bode sagte, auch mit anderen Brennstoffen arbeiten.

Hochlauf der Serienproduktion für 2006 geplant


Das HotModule befindet sich voll im Zeitplan auf dem Weg zur Serienfertigung. Bis heute wurden zwölf Feldversuchsanlagen installiert, wovon momentan acht in der Praxiserprobung laufen. Die übrigen Anlagen haben ihre Tests bereits hinter sich. 2004 und 2005 sollen weitere Anlagen für Kunden in Europa, USA und Asien ausgeliefert werden. Gegenüber anderen Brennstoffzellen-Technologien ist das HotModule aufgrund seiner Konstruktion und Bauart heute bereits vergleichsweise ausgereift und verhältnismäßig günstig herzustellen. Nicht zuletzt deshalb ist für das HotModule die Serienreife in Sicht, sagt Bode: „Mit jeder neuen Anlage sammeln wir wichtige Erfahrungen, die wir bei der weiteren Entwicklung, und vor allem im Hinblick auf die Serienreifmachung berücksichtigen. Vorläufiger Zielpunkt ist für uns dabei das Jahr 2006, für das wir den Hochlauf einer Serienfertigung planen.“

Rekordergebnisse beim Wirkungsgrad erzielt


Die bisher installierten HotModule-Anlagen erreichen elektrische Wirkungsgrade von knapp 50 Prozent, ein Wert, der in der 250-Kilowatt-Klasse von keiner konventionellen Technologie erreicht wird. Zum Vergleich: Moderne Gasmotoren der gleichen Größenklasse arbeiten mit einem mechanischen Wirkungsgrad von rund 41 Prozent, die Umwandlung der mechanischen Energie in Strom noch nicht mit eingerechnet.

In den USA wurden bisher zwei mtu-HotModules in den Anwendungsfeldern Automobilindustrie und Energieversorgung in Betrieb genommen. Die Auslieferung der Gesamtanlagen erfolgte durch Fuel Cell Energy Inc. (Danbury, Connecticut), einem amerikanischen Kooperationspartner, an dem mtu als größter Einzelgesellschafter beteiligt ist. Die Zellen des HotModules, die zentralen komponenten der Anlage, stammen von FCE.

Hohes Marktpotenzial der Technologie


Die Märkte für stationäre Brennstoffzellen ergeben sich aus den Möglichkeiten, die diese Technologie innerhalb der bestehenden Infrastruktur eröffnet. Der Brennstoff ist im wesentlichen Erdgas, wenngleich auch andere Gase verwendet werden können. Im Vergleich zu herkömmlichen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen hat das HotModule einen wesentlich höheren Wirkungsgrad und ist deutlich sauberer. Es erreicht derzeit eine elektrische Netzleistung von 230 Kilowatt bei einer Zellblock-Leistung von 270 Kilowatt. Hinzu kommen rund 180 kW thermische Energie. Insgesamt kann das HotModule damit einen Nutzungsgrad von über 90 Prozent erreichen. Die Schadstoff-Mengen, die die Anlage emittiert, sind so gering, dass man entsprechend der TA Luft von ‚Abluft’ anstatt von ‚Abgas’ redet. Die Abluft besteht hauptsächlich aus heißer Luft und Wasserdampf. Stick- und Schwefeloxide werden so gut wie keine emittiert. Auch Kohlendioxid wird deutlich weniger ausgestoßen als bei herkömmlichen Kraftwerken.

Neue Perspektiven der Energieerzeugung


Eine andere technische Eigenschaft des HotModules ist geeignet, mit dieser Brennstoffzelle über die bekannten Märkte hinaus auch vollkommen neue zu erschließen: Im Gegensatz zu anderen Brennstoffzellen kann das HotModule neben Erdgas auch mit anderen Brennstoffen, die Kohlenwasserstoffe enthalten, wie z.B. mit Biogas, Klärgas, Deponiegas, industriellen Restgasen und Methanol betrieben werden. „Damit eröffnen sich uns völlig neue Perspektiven,“ sagte Michael Bode. „Heute gehen viele dieser Gase in Industrie und Landwirtschaft völlig ungenutzt verloren oder werden bestenfalls thermisch genutzt. Das HotModule bietet eine hocheffiziente Möglichkeit, diese Gase zur Stromproduktion zu nutzen.“

Kostengünstiger Aufbau mit Potenzial für weitere Kostensenkungen


Im Massenmarkt hat sich die Brennstoffzellen-Technologie bislang noch nicht durchgesetzt. Der Grund: Im Vergleich zu traditionellen Methoden der Stromerzeugung sind leistungsfähige Brennstoffzellen noch zu teuer; entweder, weil sie komplexe Anlagen mit aufwändiger Peripherie erfordern oder weil sie auf hochwertige Werkstoffe wie Platin angewiesen sind, insbesondere aber weil Brennstoffzellen heute noch nicht in Serie gefertigt werden.

Das HotModule ist im Vergleich dazu schon heute günstig. Aber der Preis muss noch weiter sinken, meint Michael Bode: „Die Messlatte im Markt liegt hoch. Gasmotoren-Anlagen geben heute mit weniger als 1000 EURO pro Kilowatt Leistung die Ziellinie vor, obwohl sie deutlich geringere Wirkungsgrade als unser HotModule haben.“ Die mtu CFC Solutions richtet deshalb ein Hauptaugenmerk darauf, die Herstellungskosten der Anlage weiter zu senken. Beim HotModule konnte das Unternehmen die Kosten je Kilowatt Leistung innerhalb weniger Jahre halbieren.

mtu CFC Solutions will mit ihrer Brennstoffzelle mittelfristig auf 1100 bis 1500 Euro je Kilowatt Leistung kommen, um das HotModule wirtschaftlich interessant zu machen. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen die Entwickler die Systemperipherie, so z.B. die Brenngas-Aufbereitung durch technische Vereinfachungen zukünftig deutlich günstiger herstellen als heute. Auch die eigentliche Zelle nehmen sie nochmals genau unter die Lupe. Geplant ist, deren Aufbau weiter zu vereinfachen, Material einzusparen, die Leistung der Zelle zu steigern und die Anzahl der notwendigen Schritte zur Fertigung von Zellen zu reduzieren. Das größte Einsparungspotenzial liegt jedoch in der Serienfertigung. „Jedes HotModule ist heute noch ein handgefertigtes Einzelstück, das von den Kosten mit seriengefertigten Produkten, wie Motoren, nicht zu vergleichen ist,“ sagt Bode. „Wenn das HotModule die Serienreife erreicht, sind nochmals 50 Prozent Kosteneinsparungen drin, so dass das Kostenziel erreichbar ist“.

Einfaches Funktionsprinzip mit hohen Entwicklungspotenzialen


Das HotModule ist sehr einfach aufgebaut. Die gesamte Anlage besteht aus drei separaten Komponenten, einem zentralen Stahlkessel mit dem Brennstoffzellen-Stapel - dieser ist das eigentliche HotModule, das der gesamten Anlage ihren Namen gab -, einer vorgeschalteten Gasaufbereitung und einem Elektroteil, in dem der erzeugte Gleichstrom in Wechselstrom umgewandelt wird und die Anlagensteuerung untergebracht ist. Das HotModule ist eine Karbonat-Brennstoffzelle, in deren Innerem eine Temperatur von 650 Grad herrscht. Die hohe Temperatur erlaubt es, auf teure Katalysatoren aus Edelmetall zu verzichten. Nickel reicht aus, um die Brennstoffzellen-Reaktion in Gang zu bringen. Bei 650 Grad stellt sich noch ein anderer Effekt ein: Werden innerhalb der Brennstoffzelle Erdgas und Wasser zusammengebracht, spaltet sich Wasserstoff ab, eben der Kraftstoff, der notwendig ist, um Brennstoffzellen zu betreiben und der bei Niedrigtemperatur-Brennstoffzellen in voluminösen Reformieranlagen erst teuer gewonnen werden muss. Der willkommenste Nebeneffekt aber findet sich in der Abluft des HotModules: 400 Grad Hitze, mit der sich Hochdruck-Wasserdampf erzeugen lässt, der wiederum für viele industrielle Prozesse benötigt wird. Der eigentliche Kern der Anlage sind zirka 350 einzelne Zellen, die hintereinander montiert und durch Zuganker zusammengehalten werden. Sie bilden zusammen den Zellstapel. Die einzelnen Zellen sind als flache Sandwiches gebaut. Das HotModule ist, ebenso wie andere Brennstoffzellen-Typen, in seiner Entwicklung noch nicht abgeschlossen. Entwicklungsmöglichkeiten gibt es beim HotModule an verschiedenen Stellen. Der wichtigste Schritt ist, den Aufbau der Anlage weiter zu vereinfachen, um Kosten zu sparen. Diese Vereinfachung soll sowohl bei der Zelle selbst wie auch bei der Brenngas-Aufbereitung erreicht werden. Daneben arbeiten die mtu-Techniker daran, die Energiedichte der Zelle zu steigern und ihre Lebensdauer zu verlängern. Die einzelnen Zellen, die heute 0,7 kW leisten, sollen in Zukunft jeweils 1 kW Strom erzeugen. Auch sind die mtu-Ingenieure dabei, das HotModule noch flexibler zu machen. Es soll in der Lage sein, bei Störungen im Stromnetz, selbst bei totalem Stromausfall, im Inselbetrieb eigenständig weiter Energie zu erzeugen.

Technische Daten des HotModules


Brennstoff Erdgas, Biogas, Klärgas, Deponiegas, Industrielle Restgase, Methanol
Elektrische Leistung des Zellblocks 270 kW
Elektrische Leistung der Anlage am Netz ca. 230 kW
Thermische Leistung der Anlage 180 kW
Elektrischer Wirkungsgrad Zellblock ca. 56 %
Gesamtnutzungsgrad > 90 %
Anzahl der Zellen ca. 350
Ablufttemperatur für Wärmenutzung ca. 400° C