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Mein Land, meine Rüben, mein Holmer

Veröffentlicht am 21 Juli 2015 von Yvonne Wirth, Bilder von Stefan Söll, Holmer

Um für jede Einsatzbedingung die richtige Leistung zu haben, werden die Rübenroder von mtu-Motoren angetrieben.
Eggmühl, Bavaria

Laut Holmer werden etwa 350 neue Rübenroder jährlich auf der ganzen Welt benötigt. Allein 130 der Fahrzeuge kommen dabei vom Hersteller Holmer. Um für jede Einsatzbedingung die richtige Leistung zu haben, werden sie von mtu-Motoren der Baureihe 1500 angetrieben.

Eduard Richer auf dem Terra Dos T4-40 – modernste Software steuert den Roder.

Langsam dreht Eduard Richer den Schlüssel. Der mtu-Motor im Herzen des Holmer-Rübenroders Terra Dos beginnt zu schnurren. Seit 20 Jahren arbeitet Richer bereits beim Landmaschinenhersteller Holmer – zuerst als Mechaniker, heute als Entwickler. Er ist ein Tüftler, wie er sich selbst beschreibt. „Wenn man die Maschine heute anschaut, sind hier einige Teile, die ich selber mit meinen Kollegen entwickelt habe“, erzählt Richer stolz. Bei Holmer im oberpfälzischen Eggmühl in Bayern sind alle der 340 Mitarbeiter eine große Familie. „Jede unserer Maschinen ist das Baby von jemandem“, erklärt Andrea Heinrich, die Senior Marketing Managerin bei Holmer. „Denn jeder Mitarbeiter kann nachvollziehen, bei welchem Kunden der Rübenroder seinen harten Dienst verrichten wird. So baut jeder eine persönliche Bindung auf.“ Pro Woche können bis zu zehn der riesigen Maschinen produziert werden. Ein Roder besteht dabei bereits aus circa 40.000 Einzelteilen plus den dazugehörigen Schrauben. „Für mich ist ein Holmer auch etwas, worauf man stolz sein kann“, schwärmt Andrea Heinrich. „Andere sagen: Meine Frau, mein Haus, mein Auto…Ich würde sagen: Mein Haus, meine Yacht, mein Holmer.“ Mit einer Länge von 15 Metern, einer Breite von drei Metern und vier Metern Höhe gehört der Rübenroder zu den größten Maschinen in der Landtechnik. „Und trotzdem ist der Terra Dos schonender zum Boden als eine Frau in Stöckelschuhen“, erklärt Richer. Denn gerade die Bodenschonung spielt in der Landwirtschaft eine wichtige Rolle.

Eduard Richer und Andrea Heinrich: „Bei Holmer sind wir alle eine große Familie“.

Qualität ist entscheidend


Heute fährt Eduard Richer mit einem Rübenroder zur Qualitätskontrolle auf ein Feld neben der Werkshalle. Auch ohne Rüben kein Problem: Denn nicht nur von September bis Dezember, der Rüben-Erntezeit, können die schweren Maschinen getestet werden. Tatsächlich sieht man hier bereits die bis zu 20 Zentimeter langen grünen Blätter der Rüben aus dem Boden sprießen. Von den Rüben selbst ist noch nichts zu sehen.  Jetzt wird der Rübenroder ausführlich getestet: Da wird gerüttelt, geschüttelt, aus- und eingefahren und alle weiteren Funktionen durchprobiert. „Dies machen wir mit jedem unserer Fahrzeuge bevor es zum Endkunden ausgeliefert wird“, erklärt Richer. „Höchste Qualität spielt für uns eine wichtige Rolle“, bestätigt auch seine Kollegin Heinrich. „Wir können es uns nicht leisten, dass ein Rübenroder während der Ernte kaputtgehen würde. In der Erntezeit zählt für die Landwirte jeder Tag.“ Daher setzt Holmer auch auf mtu-Motoren der Baureihe 1500, die die Abgasstufe Tier 4 final einhalten. „Sehr wichtig sind für uns die Abgasnorm, das Service-Netzwerk und die Einstellungen der Motoren“, erklärt Richer. „Denn gerade in der Erntezeit müssen die Maschinen durchlaufen können und im Notfall muss ein Monteur so schnell wie möglich vor Ort sein.“ Seine Kollegin Heinrich ergänzt: „mtu ist ein eingeführter Name, da weiß man was man hat.“

Hier kommt zusammen, was zusammen gehört – der mtu-Motor wird in den Terra Dos T4 eingebaut.

Die mtu-Baureihe 6R 1500 ist genau für solche Anforderungen gerüstet. „Starke Belastungen und wechselnde Drehzahlbereiche sind für den Motor kein Problem“, erklärt Frank Bühl, Vertriebsleiter bei MTU Friedrichshafen. „Außerdem hat die Baureihe 1500 ihr maximales Drehmoment bei 1300 Umdrehungen pro Minute, also genau in dem Bereich, in dem der Terra Dos die meiste Zeit betrieben wird. Dadurch können auch Spritkosten gesenkt werden.“ Mit einer Leistung von 460 Kilowatt bringt der Motor genug Power für die harte Anwendung mit. Und noch etwas beeindruckt Andrea Heinrich: „Endlich mal ein Motor mit einem Hammer-Sound.“

Der Terra Dos T4 bietet dem Bauern Hightech pur und größten Komfort in der Fahrerkabine.

Auf die Zuckerrüben


Um die bis zu 1200 Gramm schweren Zuckerrüben zu roden, muss der Fahrer den Terra Dos nur in die richtige Stellung bringen. Ab dann macht das Hightech-Fahrzeug fast alles selbst. Die Ausklappautomatik bringt den Roder in Rodestellung. Zuerst schlägt eine mit Schlegeln besetzte Welle das grobe Blatt der Rübe weg. Ein Messer schneidet dann die Rübe am Kopfansatz ab. Dann befördern die Rüttelschare die Rübe aus dem Boden nach oben, so dass die Rübenwalzen die Rüben an die Reinigung weitergeben können. Dabei laufen die Rüben über ein Siebband, auf dem sie von Lehm und Erde befreit werden. Im Bunker werden die Rüben mit mehreren Verteilerschnecken verteilt, bis die 45 Kubikmeter Fassungsvermögen des Bunkers völlig aufgefüllt sind. „Im Durchschnitt kann pro Stunde mit unserem Terra Dos ein Hektar Rüben geerntet werden“, erklärt Richer. Das entspricht circa 95.000 Zuckerrüben und einem durchschnittlichen Gewicht von circa 70.000 Kilogramm. Aus dieser Menge könnte man 11.600 Kilogramm süßen Kristallzuckers herstellen, was einem Gewicht von etwa neun Autos entspricht. Der Fahrer wird bei der Ernte dabei optimal entlastet. Wurden alle Einstellungen im Cockpit vorgenommen, macht die Maschine beinahe alles allein. „Manche Bauern haben gegen die Langeweile sogar eine Playstation im Cockpit installiert“, weiß sich Andrea Heinrich.

Hightech pur


Eingesetzt wird der Terra Dos dabei auf der ganzen Welt: Ob in Europa, Russland, China oder der USA – überall setzt man auf die Technik aus dem Hause Holmer. Dem Landwirt wird dabei Hightech pur angeboten. Durch die pendelnd aufgehängte Vorderachse wird der Fahrer selbst nicht durchgerüttelt. Außerdem kann der Fahrer alle möglichen Einstellungen selbst vornehmen – oder er lässt die Automatik arbeiten und überwacht lediglich den Prozess; zum Beispiel bei welcher Höhe die Rüben geköpft werden, wie breit die Reihenabstände der Rüben sind oder wie hoch die Reinigungsleistung sein soll. Musste der Fahrer früher noch mühevoll absteigen um bestimmte Einstellungen vorzunehmen, ist heute bereits alles in die firmeneigene Software integriert. So wurde eine Knochenarbeit durch Hightech pur erleichtert.

Ein früheres Familienunternehmen wird Weltmarktführer

Holmer ist nach eigenen Angaben Weltmarktführer bei selbstfahrenden Rübenrodern. Von den etwa 350 Maschinen, die pro Jahr auf dem Weltmarkt verkauft werden, kommen 130 von Holmer. Was als kleine Dorfschmiede begann, entwickelte sich schnell zum weltweiten Erfolg. 1969 gründete Alfons Holmer ausgehend vom Betrieb seiner Eltern ein Maschinenbauunternehmen. Von Landwirten aus der Region angesprochen und unterstützt, entwickelte er 1974 den ersten sechsreihigen, selbstfahrenden Zuckerrübenroder und revolutionierte damit die Landwirtschaft. Seit dem Jahr 2013 gehört Holmer zum französischen Familienunternehmen Exel Industries.

Kontakt

Tobias J. Frank
Tel.:
+49 7541 90 7054
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