FALLSTUDIE Kommerzielle Schifffahrt

Umrüstung des Binnenschiffs „Somnium Vitae” mit Ironmen-Motor

Veröffentlicht am 28 November 2016

Durch die Weiterentwicklung der Motorenbaureihe 4000 brachte mtu den „Ironmen“ auf den Markt — einen leistungsstarken, langlebigen und zuverlässigen Motor, der die Anforderungen an neue Emissionsrichtlinien erfüllt und sich durch niedrige Be- triebskosten auszeichnet. Als erster Kunde hat der Binnenschiffseigner Hans Robert Bell einen mtu-Motor vom Typ 12V 4000 M53 getestet. Seit April 2009 ist der Motor mit einer Leistung von 1.380 Kilowatt (kW) auf dem 172 Meter langen Koppelverband „Somnium Vitae“ im Einsatz und hat sich dort bestens bewährt.
Details

Wer

Hans Robert Bell, Binnenschiffer und Eigner der „Somnium Vitae“, einem 172 Meter langen Koppelverband

Was

12-Zylinder-Motor der Baureihe 4000 „Ironmen“

Wie

Test eines Vorserienmodells des Ironmen-Motors unter Realbedingungen

Wo

Binnenflüsse in Deutschland

Der mtu-Motor hat uns geholfen, denn er verbraucht einfach weniger Kraftstoff als andere Motoren und dadurch haben wir weniger Ausgaben. Der Ironmen-Motor ist technisch einfach der Beste seiner Klasse.

Hans Robert Bell - Binnenschiffer und Eigner der “Somnium Vitae”
Deutschland — Mit der „Somnium Vitae“ erfüllte sich Hans Robert Bell seinen Lebenstraum. Denn schon als kleiner Junge träumte der Sohn einer Binnenschifferfamilie in siebter Generation davon, selbst einmal ein großes Schiff zu steuern. 1989 ging sein Traum in Erfüllung: Er kaufte sich die rund 100 Meter lange „Genfer See“ und benannte sie später um in „Somnium Vitae“. Um das Schiff wirtschaftlich betreiben zu können, hat er es um 70 Meter verlängern lassen. Schon viele hundert Male ist er seitdem Rhein, Donau, Mosel und Weser auf- und abgefahren, etwa um tonnenweise Scheren- und Schredderschrott von Koblenz ins französische Nancy zu transportieren. Im Jahr 2006 hat Bell einen neuen Motor in sein Schiff einbauen lassen — einen mtu-Motor des Typs 12V 4000 M60 mit einer Leistung von 1.320 kW bei 1.800 Umdrehungen pro Minute. Drei Jahre später hat mtu die Baureihe 4000 weiterentwickelt, damit sie sauberer und sparsamer wird. Der Arbeitsschiffmotor sollte zum einen alle weltweit gültigen Emissionsvorschriften erfüllen, damit er auch für die Zukunft bestens gerüstet ist. Des Weiteren setzten sich die Entwickler die Ziele, den Kraftstoffverbrauch auf unter 200 Gramm pro Kilowatt (g/kW) zu reduzieren und die Zeit bis zur Grundüberholung und der Wartungsintervalle zu erhöhen.

Test unter realen Bedingungen


Um den neuen 4000er Motor, den „Ironmen“, unter realen Bedingungen testen zu können und einen direkten Vergleich mit dem Vorgängermodell zu erhalten, schlugen die mtu-Ingenieure dem Schiffseigner Bell eine Remotorisierung der Somnium Vitae vor. Der alte Motor stand ohnehin vor einer Revision, und die Vorteile des Ironmen durch die geringen Betriebskosten überzeugten Bell. Schließlich machen die Treibstoffkosten den größten Anteil der Betriebskosten aus — ein geringer Kraftstoffverbrauch ist damit für Schiffsbetreiber ein entscheidendes Kriterium bei der Wahl eines neuen Motors. Das wichtigste ist jedoch, dass der Motor zuverlässig läuft. Denn damit der Binnenschiffer seine Kunden nicht ver- liert, muss er die Ladung des Schiffes pünktlich an dem jeweiligen Bestimmungsort abliefern. „Wenn mein Schiff nicht fahren kann, kann ich meine Kunden nicht rechtzeitig bedienen, verliere Aufträge und irgendwann mein Schiff“, erklärt Bell.

Staatlich gefördert dank geringer Emissionen


Staatlich gefördert dank geringer Emissionen Ein möglichst geringer Partikel-, NOX- und CO2- Ausstoß spielen in Anbetracht zukünftiger Emissionsrichtlinien eine immer größere Rolle. Wie alle mtu-Motoren zählt der Ironmen zu den saubersten Dieselmotoren der Welt. Das kommt nicht nur der Umwelt zugute, sondern auch dem Schiffseigner. Dank eines staatlichen Förderprogramms für emissionsärmere Dieselmotoren von Binnenschiffen erhielt Bell vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung einen Zuschuss für die Remotorisierung der Somnium Vitae. Voraussetzung dafür war, dass der neue Motor die erforderlichen Grenzwerte der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) der Stufe II im Partikelgehalt um 30 Prozent unterschreitet.
Neben den ZKR-Grenzwerten erfüllt die Ironmen-Baureihe die Emissionsrichtlinien EPA Tier 2, IMO und EU Stage IIIA. Außerdem kann der Motor optional noch zusätzlich mit einer Abgasnachbehandlung wie Partikelfilter ausgerüstet werden und ist somit bestens für kommende Emissionsrichtlinien gerüstet. Die 4000er-Motoren sind als 8, 12, 16-Zylinder- Versionen verfügbar und kommen in Arbeitsschiffen wie Schleppern und Binnenschiffen zum Einsatz, also überall dort, wo besonders zuverlässige, langlebige Antriebslösungen mit hoher Verfügbarkeit, langen Wartungsintervallen und niedrigen Betriebskosten gefragt sind.

Im Einsatz bewährt


Seit April 2009 wird die Somnium Vitae von dem neuen Zwölf-Zylindermotor angetrieben. Der Motor hat seine Zuverlässigkeit längst unter Beweis gestellt – er ist mindestens 16 Stunden täglich im Einsatz. Dabei läuft er viel ruhiger als sein Vorgänger. „Früher verursachten die Ansauggeräusche der Turbolader immer ein lautes Pfeifen, doch das ist jetzt weg“, sagt Bell und fügt hinzu: „Der Ironmen-Motor ist technisch einfach der Beste seiner Klasse.“ Auch in Bezug auf die Betriebskosten und Wartung ist der Schiffseigner rundum zufrieden. Erst nach 33.000 Betriebsstunden war die erste Grundüberholung fällig, und mit einem Kraftstoffverbrauch von 195 g/kW hat sich der Ironmen als äußerst sparsam erwiesen.
Damit der Antrieb der Somnium Vitae auch in Zukunft sicher und zuverlässig läuft, hat Bell mit mtu einen individuellen Wartungsvertrag abgeschlossen, über den sämtliche Wartungskosten abgedeckt sind. „Selbst unvorhergesehene Schäden übernimmt mtu“, freut sich Bell. Um solche Schäden gar nicht erst entstehen zu lassen, wurde ein Motorfernüberwachungssystem auf dem Schiff installiert, über das alle wichtigen Motordaten gespeichert und über das Mobilfunknetz an den mtu-Server übertragen werden. Die mtu-Ingenieure ermitteln per Fernabfrage Leistungsdaten und Betriebswerte des Motors und können sofort reagieren, wenn etwas nicht stimmt. Mittels eines gut ausgebauten Servicenetzes in ganz Europa wird im Schadensfall innerhalb kürzester Zeit der nächstgelegene Servicestützpunkt mit der Reparatur beauftragt. Für Hans Robert Bell hat sich die Remotorisierung seiner Somnium Vitae gelohnt — nicht nur, weil das Schiff jetzt mit einem neuen, leistungsstarken Antrieb fährt, sondern auch finanziell.
Dank der staatlichen Förderung konnte sich Bell 36.000 Euro, davon allein 20.000 Euro für Einund Umbaukosten, sparen, und langfristig macht sich die Anschaffung durch die geringeren Betriebskosten bezahlt. Der wirtschaftliche Druck und der Kampf um die Aufträge seien viel größer geworden, der Preisverfall auf dem Markt enorm. „Da hat uns auch der mtu-Motor geholfen, denn der verbraucht einfach weniger Kraftstoff als andere Motoren und dadurch haben wir weniger Ausgaben“, erläutert Bell. Das Argument, dass sich der Motor im Laufe der Jahre einfach rechnet, weil er viel sparsamer ist, überzeugte auch seinen Bruder Martin Bell, der auch Binnenschiffer von Beruf ist. Er hat ebenfalls einen Ironmen- Motor 12V 4000 M53 gekauft und lässt diesen im Sommer 2011 auf der Braun-Werft in sein Schiff „Navigare“ einbauen.