FALLSTUDIE Power Generation

Wärme und Strom für deutsche Mälzerei Durst Malz - "Idealer Einsatzort für Blockheizkraftwerke"

Veröffentlicht am 03 März 2017

Eine Mälzerei hat einen enorm hohen Energiebedarf — sowohl an elektrischer als auch an thermischer Energie. Daher nutzt der Malzhersteller Durst Malz an seinem Standort in Gernsheim seit Juli 2011 zwei Blockheizkraftwerke (BHKW) von mtu, die beides gleichzeitig können. Die BHKWs vom Typ GC 357 N5 liefern rund ein Megawatt Wärme, die zum Trocknen des Malzes verwendet wird. Die rund 700 Kilowatt elektrische Energie, die die Aggregate neben der thermischen Energie produzieren, werden ins unternehmenseigene Netz eingespeist. Daraus ergibt sich ein Ge- samtwirkungsgrad von fast 90 Prozent. Zwei baugleiche Anlagen kommen am Durst Malz- Standort Bruchsal-Heidelsheim zum Einsatz.
Details

Wer

Malzhersteller Durst Malz

Was

BHKWs des Typs GC 357 N5 zur Erzeugung von Wärme zum Trocknen des Malzes und von Strom zur Einspeisung ins unternehmenseigene Netz

Wie

Wo

Gernsheim, Deutschland

Eine Mälzerei benötigt sehr viel Energie, daher ist sie der ideale Einsatzort für BHKWs.“

Berthold Klee - Betrieblseiter Durst Malz
Gernsheim, Deutschland — Durst Malz, gegrün- det 1824, hat sich in fast zwei Jahrhunderten von einem Familienunternehmen zu einem großen Malzhersteller für die Bierbrauerindus- trie entwickelt. Seit Oktober 2011 gehört das Unternehmen zur französischen Mälzerei Groupe Soufflet, dem zweitgrößten Malzhersteller welt- weit. Die Zentrale von Durst Malz ist in Bruchsal- Heidelsheim, dazu kommen die weiteren Standorte Castrop-Rauxel und Gernsheim. Durst Malz produziert jährlich rund 200.000 Tonnen Malz, davon 86.000 Tonnen im hessischen Gernsheim am Rhein. Malz, die nach dem Reinheitsgebot von 1516 neben Hopfen, Wasser und Hefe vierte Zutat für Bier, wird aus Getreide, vor allem aus Gerste, gewonnen und ist der wesentliche Bestandteil, der im Bier für den Geschmack sorgt. „Hier in Gernsheim verarbeiten wir ausschließlich Gerste“, verrät Betriebsleiter und diplomierter Braumeister Berthold Klee. Zum Kundenkreis gehören viele große deutsche Brauereien. Darüber hinaus ex- portiert das Unternehmen aber auch nach Japan, Namibia, Südafrika, Guatemala und in die USA.

Wie aus Gerste Malz wird


Der Rohstoff kommt per Lkw, Bahn oder Schiff — Gernsheim verfügt über eine eigene Schiffsanlegestelle — bei der Mälzerei an. Ehe die Gerste in den bis zu 50 Meter hohen Rundsilos gelagert wird, überprüft das hauseigene Labor das Ge- treide auf die Korngröße und untersucht den Feuchtigkeits- und Eiweißgehalt. Ausschlag- gebend ist aber die Keimfähigkeit des Korns. Denn das Keimen ist der entscheidende Schritt, damit die Gerste zum Brauen verwendet werden kann. Während des Keimens werden Enzyme gebildet, mit deren Hilfe die in der Gerste enthaltene Stärke beim Brauen in Malzzucker umgewandelt wird. Im anschließenden Gärprozess entsteht mittels Hefe aus dem Malzzucker Alkohol. „Das ursprüngliche Getreide enthält zwar schon Enzyme, aber diese reichen nicht aus, um die Stärke in Zucker umzuwandeln“, erläutert Klee.
Von den Lagersilos aus gelangt die Gerste über Förderbänder in einen der drei Keimtürme, die vom Durchmesser her rund viermal so groß sind wie die Rundsilos. Der Keimturm ist das Herzstück der Mälzerei, denn hier wird die Gerste zu Malz verarbeitet. Der Prozess beginnt oben und endet im Erdgeschoss des Turmes. In den obe- ren Stockwerken befinden sich die so genannten Keimkästen, in denen große runde Felder aus je 250 Tonnen Gerste austreiben. Die Decke ist von Wassertropfen übersät, die Luftfeuchtigkeit ist hoch. Wie in einem Dampfbad. Bevor die Gerste hier ankeimt, wird sie in großen Bottichen in Wasser eingeweicht. Mit einem Wassergehalt von 45 Prozent kommt sie anschließend in den Keimkasten und keimt dort sechs Tage lang. Für eine möglichst gleichmäßige Keimung wird sie konstant befeuchtet, gelüftet und gewendet. „Im Grunde tun wir nichts anderes als jemand, der zu Hause in einer Tonschale auf dem Fensterbrett Körner mit Wasser befeuchtet, diese keimen lässt und dann zum Beispiel den Salat damit verfeinert“, so Klee. „Nur brechen wir die Keimung nach sechs Tagen ab, und das Korn kommt zum Trocknen ein paar Stockwerke tiefer“, ergänzt Produktionsleiter Konrad Lord.

Die Trocknung — Einsatzort für die BHKWs


Das Klima im dritten und ersten Stock des Keimturmes kommt eher einer Duftsauna gleich: Aromatischer Malzduft, dazu mollig-warme 65 Grad Celsius. Vier Ventilatoren blasen lautstark 450.000 Kubikmeter Luft pro Stunde durch die so genannten Darren, um das Malz zu trocknen. Bis auf 85 Grad Celsius steigt die Temperatur dort. Der Feuchtigkeitsgehalt sinkt dabei von 45 auf gerade einmal vier Prozent. Das trocknende Malz überzieht verleiht dem Raum einen karamellfarbenen Anstrich. Genau hier kommen die beiden erdgasbetriebenen Blockheizkraftwerke (BHKW) von mtu zum Einsatz. „Für den Trocknungsprozess benötigen wir enorm viel Wärmeenergie“, erläutert Klee. Ein Heizwasserkessel liefert bis zu sechs Megawatt. Entlastet wird dieser von den beiden BHKWs des Typs GC 357 N5, die rund ein Megawatt thermische Energie erzeugen. Um möglichst energiesparend zu arbeiten, nutzt die Mälzerei zum Anwärmen der Luft aber auch „Abfallprodukte“, zum Beispiel die Abwärme der BHKWs oder die beim Trocknungsprozess entstehende Abluft. Letztere wärmt zunächst über einen Wärmetauscher die Frischluft für die Darren an, ehe sich ab 60 Grad Celsius die BHKWs dazuschalten. Erst bei 85 Grad, der Maximaltemperatur beim Trocknungsprozess, kommt die Energie aus dem Heißwasserkessel. Die rund 700 Kilowatt elektrische Energie, die die Aggregate neben der thermischen Energie produzieren, werden ins unternehmenseigene Netz eingespeist. Die Anlagen arbeiten mit einem Gesamtwirkungsgrad von fast 90 Pro- zent. „Eine Mälzerei benötigt sehr viel Energie, daher ist sie der ideale Einsatzort für BHKWs“, so der Betriebsleiter. Neben 800 Kubikmetern Wasser täglich — zum Vergleich: ein Vier- Personen-Haushalt braucht circa 150 Kubikmeter pro Jahr — verbraucht die Mälzerei vier bis fünf Millionen Kilowattstunden Gas und 800.000 bis 900.000 Kilowattstunden Strom monatlich. „Und natürlich profitieren wir auch von der öffentlichen Förderung der BHKWs durch das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz.“

Dauereinsatz für BHKWs


Seit die Anlagen im Juli 2011 im Untergeschoss eines Keimturmes installiert wurden, laufen sie fast pausenlos, rund 23 Stunden pro Tag. Abgeschaltet werden sie nur, wenn die Mitarbeiter das Malz auf der Darre austauschen. „Pro Block streben wir monatlich zwischen 180.000 und 200.000 Kilowattstunden Strom an.“ Wie Durst Malz auf mtu gekommen ist? „Durch die Gebäudetechnik-Firma Helmut Herbert GmbH, die für uns auch schon den Heißwasserkessel installiert hat. Herbert arbei- tet bereits seit vielen Jahren eng mit mtu zusammen“, erläutert der Betriebsleiter. „Wir wissen, dass Herbert starke und verlässliche Partner hat, darum haben wir uns als Ersatz für unsere alten BHKWs eines anderen Herstellers für die Anlagen aus Augsburg entschieden — und sind vollauf zufrieden damit.“ mtu lieferte das Herzstück der Anlagen, die BHKWModule und die dazugehörige Elektroschaltanlage. „Die Module bestehen aus Gasmotor, Generator, Abgaswärmetauscher, Abgasschalldämpfer, Modulsteuerung und Leistungsschaltschrank. Das alles ist in einem Grundrahmen eingebaut und fertig verrohrt und verkabelt“, erklärt Peter Grüner, Leiter Vertrieb Deutschland Gas Power Systems bei mtu. „Die Firma Herbert als unser Auftraggeber hat die Anlagen dann mit allem Zubehör bei Durst Malz installiert — sprich Lüftungssystem, Abgasanlage, Schmieröl- system, Anschluss an die Erdgasversorgung sowie Heizungs- und Elektroanbindung. Die Inbetriebnahme der BHKW-Anlage haben dann wieder unsere Spezialisten aus Augsburg vorgenommen.“ Nach der Inbetriebnahme betreuen Servicetechniker von mtu die Anlage weiter und übernehmen beispielsweise die regelmäßige Wartung der Blockheizkraftwerke.

Malz reicht für 70 Oktoberfeste


8.000 bis 9.000 Tonnen Gerste verarbeitet die Mälzerei pro Monat, die Produktion läuft 365 Tage im Jahr, Sommer wie Winter. „Im Sommer liefern wir mehr aus, denn da haben die Leute einfach mehr Durst.“ Ob die Wochen vor dem Oktoberfest Hochzeit für die Mälzerei bedeuteten? „Nein“, lä- chelt Klee schelmisch. Die Wiesn sei zwar für München eine riesen Sause, aber die Malzherstellung laufe in der Sommerproduktion mit. Zum Vergleich: Auf dem Oktoberfest 2011 konsumierten die Besucher etwa 7,5 Millionen Liter Bier. Der Gernsheimer Standort von Durst Malz stellt pro Jahr Malz für rund 538 Millionen Liter her – das reicht für mehr als 70 Oktoberfeste im Jahr!