Effizienter durch Turbolader
Veröffentlicht am 28 Januar 2021 von Lucie Maluck, Bilder von Robert Hack
Turbolader machen Verbrennungsmotoren effizient – und nicht nur die. Auch die Brennstoffzelle benötigt die verdichtete Luft der Turbolader.
Seit 60 Jahren entwickeln mtu-Ingenieure Turbolader selbst, und sie haben noch viel vor. Turbolader für Brennstoffzellen oder Wasserstoffmotoren sind nur zwei Themen, die sie bewegen.
Den Turbo zünden – haben Sie das auch schon mal gesagt? Ohne zu wissen, dass das eigentlich falsch ist? Denn eigentlich ist es genau anders herum: Der Turbolader sorgt dafür, dass der Motor richtig viel Kraft beim Zünden entwickelt. Vereinfacht gesagt ist der Turbolader die Lunge des Motors. Er gibt ihm die nötige Menge Luft und sorgt dafür, dass der Motor bei gleichem Hubraum immer leistungsfähiger wird. Denn der Turbolader pumpt die Luft in den Brennraum des Motors. Je besser er das macht, desto mehr Sauerstoff steht dort zur Verfügung. Mehr Sauerstoff bedeutet, dass mehr Kraftstoff verbrennen kann. Und mehr verbrannter Kraftstoff führt zu mehr Leistung. Die eigentliche Aufgabe des Turboladers ist es also – kurz zusammengefasst – möglichst viel Luft aufzunehmen, diese zu komprimieren und wieder abzugeben. Das Beste daran: Der Turbolader nutzt dafür praktisch „Abfall“. 30 Prozent der im Kraftstoff gebundenen Energie werden würden – wenn es den Turbolader nicht gäbe - nach der Verbrennung als Abgas in die Luft Umgebung geblasen. Es liegt also nahe, diese für die Aufladung zu nutzen.
Zweistufig geregelte Aufladung reduziert Schadstoffausstoß
Doch der Turbolader ist längst nicht nur der „Kraftprotz“ im Motor. Er sorgt auch dafür, den Kraftstoffverbrauch zu reduzieren und den Ausstoß von Schadstoffemissionen zu vermindert. Ein besonderes Mittel dazu ist die zweistufig geregelte Aufladung, die in vielen mtu-Motoren seit zehn Jahren serienmäßig verbaut ist. Dabei wird die Verbrennungsluft des Motors nicht nur von einem Turbolader verdichtet und in den Brennraum gepresst, sondern von zwei Turboladerstufen. Dies ist insbesondere bei Motoren notwendig, bei denen Technologien zum Einsatz kommen, die die Bildung und den Ausstoß von Schadstoffen vermindert: dem Miller-Verfahren, der Abgasrückführung und dem Dieselpartikelfilter. Diese erzeugen einen Gegendruck, der ausgeglichen werden muss. Mit dem zweistufigen Aufladungssystem steht dem Motor so trotzdem genug Luft zur Verfügung.
Derzeit entwickeln mtu-Experten von Rolls-Royce eine hochkompakte zweistufige Aufladung. Bei dieser werden die Turbinen in Achsrichtung angeströmt, wodurch das der gesamte Turboauflader kompakter wird. „Gerade bei Marinemotoren ist das wichtig“, so Dr. Johannes Kech, der die Entwicklung von mtu-Turboladern bei Rolls-Royce leitet.
Elektrische Turboaufladung macht Motoren agiler
Auch die elektrische Turboaufladung macht Motoren agiler und gleichzeitig verbrauchsärmer und umweltfreundlicher. Bei dieser wird die konstruktionsbedingte Schwäche des Turboladers – bei niedriger Drehzahl reicht die Abgasmenge an der Turbine nicht, um den Verdichter stark genug anzutreiben – ausgeglichen. Das so genannte Turboloch wird nun elektrisch gestopft. Das Prinzip: Ein klassischer mtu-Turbolader wird mit einem elektrischen Antrieb gekoppelt. Durch diesen kann der Betriebspunkt des Turboladers von der Drehzahl des Dieselmotors nahezu entkoppelt werden. Starke Verzögerungen beim Leistungsaufbau, eben das Turboloch, sind damit Geschichte und die Aufladung kann in beinahe jedem Betriebszustand optimal erfolgen. „Wir haben die Technologie bereits erprobt und erwarten schon bald die erste Beauftragung“, so Kech. Zum Einsatz kommen sollen die elektrisch angetriebenen Turbolader überall dort, wo die Motoren schnell volle Leistung bringen müssen: im militärischen Bereich, in Yachten oder auch bei schnellstartenden Gasmotoren für Notstrom.
Für stationäre Gasmotoren haben mtu-Ingenieure eine neue klassische Turboladerfamilie entwickelt, bei der der Entwicklungsschwerpunkt rein auf der Effizienz lag. Denn anders als bei mobilen Dieselmotoren ist die Leistungsdichte beim stationären Gasmotor nicht entscheidend. Kompaktheit war daher kein Entwicklungsziel. „Gasmotoren haben aber enorm viele Betriebsstunden. Wenn wir es schaffen, diese Motoren durch hocheffiziente Turboaufladung effizienter zu machen, steigern wir deren Wirkungsgrad und unsere Kunden sparen Kraftstoff“, so Kech. Schon bald soll die neue Turboladerfamilie in stationären mtu-Gasmotoren erprobt werden und zeigen, dass sie den Wirkungsgrad entscheidend erhöhen kann.
Turboaufladung für Brennstoffzellen
Noch nicht entwickelt, aber in den Köpfen der mtu-Ingenieure schon sehr präsent, ist eine Turboaufladung für die Brennstoffzelle. Diese verhilft der Brennstoffzelle zu mehr Leistungsdichte und zu einem geringeren Verbrauch an Wasserstoff. Allerdings ist die Abluft der Brennstoffzelle längst nicht so heiß und strömt nicht so schnell wie die von Verbrennungsmotoren. Daher reicht die daraus gewonnene Energie nicht aus, um den Turbolader allein anzutreiben. Es wird also auch hier eine elektrisch unterstützte Turboaufladung zum Einsatz kommen. Anders als bei der elektrisch unterstützten Aufladung beim Dieselmotor, bei der der E-Motor eher ein Booster im unteren Leistungsbereich ist, ist der E-Motor im Brennstoffzellenturbolader dauerhaft im Einsatz, um die Brennstoffzelle „auf Touren“ zu halten.
Auch kommende mtu-Wasserstoffmotoren werden eine Turboaufladung brauchen. „Da sind wir aber noch in der Konzeptphase“, so Kech. Was er heute schon weiß: Da Wasserstoff im Vergleich zum Diesel ein sehr teurer Kraftstoff wird, wird es bei der Entwicklung vor allem auf die Effizienz ankommen. Wahrscheinlich sei eine zweistufige, hocheffiziente Aufladung.
„Die Effizienz unserer Motoren zu steigern, ist das übergeordnete Ziel in der Turboladerentwicklung“, so Kech. Gleichzeitig gibt es aber je nach Motoranwendung andere Ziele, sei es Kompaktheit oder die Fähigkeit, sehr schnell volle Leistung zu bringen.
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