TECHNISCHER ARTIKEL Power Generation

Niedrigere Strompreise durch eigene Stromerzeugung und intelligente Beschaffung

Veröffentlicht am 13 Oktober 2025

Autoren

Marie-Louise Niggemeier

Dr. Patrick Roth

Claus Schmalzing

Die Entwicklung der Day-Ahead-Strompreise in Deutschland hat im Jahr 2024 zu großer Verunsicherung geführt. Spitzenpreise auf dem Spotmarkt, die teilweise historische Höchststände erreichten, stellen die Wirtschaft vor Herausforderungen. So erreichte der Day-Ahead- Preis zeitweise ca. 2.300 €/MWh 1) Ende Juni. Anfang November und Anfang Dezember stiegen die Preise über 800 bzw. 900 EUR/MWh oder Anfang Dezember über 900 EUR/MWh 1).  

Die Gründe für diese Ausschläge können vielfältig sein. Im Juni war ein technischer Fehler an der Strombörse maßgeblich 2). Im Herbst/ Winter gab es Dunkelflauten – also die gleichzeitige Abwesenheit von Wind und Sonneneinstrahlung –der Strombedarf musste von thermischen Kraftwerken und Importen gedeckt werden 3). 

Insbesondere Industrieverbraucher, die ihren Strombedarf ganz oder zu Teilen über den Spotmarkt decken, mussten signifikante Mehrkosten tragen. Stark betroffen war z.B. die Stahlbranche, die aufgrund einer volatilen Auftragslage auf eine kurzfristige Beschaffungsstrategie setzt. Diese führte folglich zu hohen Beschaffungskosten in den entsprechenden Zeitfenstern 4).  

Dieses Whitepaper zeigt in einer ex-post-Analyse für 2024 die Sparpotenziale für einen exemplarischen Industrieverbraucher mit kurzfristiger Beschaffungsstrategie auf, wenn er bei Preisausschlägen eigene Stromerzeugungsanlagen genutzt hätte. 

Stromkosten senken durch eigene Stromerzeugungsanlagen

Anhand eines Lastprofils werden die Strombeschaffungskosten für 2024 für verschiedene Szenarien berechnet: 

  1. Der Strom wird vollständig zum jeweils aktuellen Preis auf dem Day-Ahead-Markt beschafft. 
  2. Eine Eigenerzeugungsanlage (z. B. ein Gas-BHKW oder eine Diesel-Notstromanlage) wird eingesetzt, wenn deren kurzfristige Erzeugungskosten niedriger sind, als der Day-Ahead-Marktpreis. Eventuelle Überschüsse werden zu den entsprechenden Marktpreisen verkauft.*  

Zur Vereinfachung werden im ersten Schritt nur die variablen Kosten der Stromerzeugung betrachtet und keine Investitionskosten. Es wird davon ausgegangen, dass die Anlagen schon installiert sind und primär einem anderen profitablen Geschäftsmodell dienen (z.B. Netzersatzanlage, Grundlastabdeckung, Wärmenutzung, etc.)  

Die zugrunde liegenden Annahmen sind in Tabelle 1 zusammengefasst. 

Abbildung 1: Day-Ahead-Preisspitzenabdeckung 2024 mit Gas (hellblau)- und Diesel-Aggregaten (hellgrün): Durch Nutzung oder Zubau von Eigenerzeuger- kapazität können die Strombeschaffungskosten um einige Prozent reduziert werden. CAPEX nicht berücksichtigt.

In jedem Szenario zeigen die Ergebnisse, dass die Strombeschaffungs- kosten im Vergleich zur Ausgangssituation sinken. Dies liegt daran, dass die Eigenerzeugungsanlagen nur dann eingesetzt werden, wenn der Marktpreis höher ist als die kurzfristigen Stromgestehungskosten der Anlagen. Dadurch werden Preisspitzen effektiv abgefedert. Da die Stromgestehungskosten eines Gas-BHKWs geringer sind, als die einer Diesel-Netzersatzanlage, bietet die Nutzung des BHKWs eine größere Ersparnis (vgl. Abbildung 1).  

Allerdings sind BHKWs meist auf einen Dauerbetrieb ausgelegt. Hier benötigt es eine gezielte Flexibilisierung oder einen Ausbau bzw. Zubau weiterer Aggregate, um die Anlagen für die Optimierung der Strombeschaffungskosten nutzen zu können. Bei erfolgreichem Einsatz können die Investitionskosten durch die Ersparnisse refinanziert werden. 

Die Nutzung einer Netzersatzanlage bietet sich dagegen an, wenn diese schon vorhanden ist. Investitionskosten sind somit nicht vorhanden, eine darüberhinausgehende Nutzung der Anlage bei hohen Strompreisen kann damit voll als Ersparnis angerechnet werden. 

Abbildung 2: Lastspitzen zu Hochpreiesen am Beispiel Gas-BHKW: Nur in Einzelfällen werden 10 MW benötigt

Für beide Fälle gilt: Die absolute Ersparnis steigt mit steigender Anlagengröße. Bei den gewählten Anlagengrößen in den zwei Szenarien nimmt jedoch die relative Ersparnis pro MW mit der Größe des Systems ab, da zum Einsatzzeitpunkt die Last teilweise kleiner ist als die installierte Anlagenleistung (vgl. Abbildung 2). Das heißt, dass nicht die gesamte Anlage benötigt wird, um den Verbrauch zu decken, folglich installierte MW ungenutzt bleiben und die Effizienz des Gesamtsystems sinkt. Um das volle Einsparpotenzial einer Anlage ausnutzen zu können, sollte die Anlagenleistung also nicht größer sein als die Last zum Einsatzzeitpunkt. Modularität kann hier einen Vorteil bieten, da gezielt einzelne Aggregate zu und abgeschaltet werden können#. 

Strombeschaffung und Eigenerzeugung müssen auf individuelle Bedürfnisse abgestimmt sein

Schlussendlich muss immer der individuelle Fall betrachtet werden: 

  • Wie ist das Verbrauchsprofil, wie die Beschaffungsstrategie? 
  • Welche Infrastruktur ist schon vorhanden und kann sinnvoll genutzt werden? 
  • Wie möchte der Verbraucher zukünftig sein Energiesystem aufstellen? 
  • Anhand welcher Kriterien soll das Energiesystem optimiert werden? Reduktion des CO₂-Fußabdrucks? Möglichst geringe operative Kosten? Hohe Resilienz und Verfügbarkeit?  

Für ein resilientes Energiesystem der Zukunft ist das Zusammenspiel verschiedenster Technologien von Vorteil. Dazu gehört der Zubau CO₂-armer Technologien wie wasserstofffähige Gas-BHKWS, als auch die Einbindung schon vorhandener Assets wie Netzersatzanlagen. Ziel sollte sein, diese Anlagen für einen Ausgleich zu nutzen, wenn die Strompreise hoch sind und so die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen beeinträchtigt ist. Rolls-Royce Power Systems bietet für eben solche Optimierung umfangreiche Simulationen an und arbeitet mit nam- haften Partnern zusammen, um die individuell passendste Lösung für jeden Anwendungsfall zu finden.  

Langfristig ermöglicht eine solche Strategie nicht nur Kostensenkungen und Stabilität für die Industrie, sondern trägt durch die Nutzung nachhaltiger Kraftstoffe und Dezentralität auch zur Dekarbonisierung und Flexibilisierung des Energiesystems bei. Durch die intelligente Nutzung und Weiterentwicklung dieser Technologien wird eine Brücke zwischen Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Effizienz geschaffen – ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer sicheren und klimafreundlichen Energiezukunft. 

* Voraussetzung: Einhaltung und Besitz aller erforderlichen Genehmigungen für die kommerzielle Nutzung der Anlagen. 

# Vgl. hierzu auch das Whitepaper „Backbone für die Energiewende: Wie Gasmotorenkraftwerke die Lücke schließen können, in dem das Thema Modularität im Detail behandelt wird”. 

Kontaktieren Sie uns gerne, wenn Sie mehr über unsere Energielösungen erfahren wollen.

microgrid-solutions@ps.rolls-royce.com

Quellenverzeichnis

  1. Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, “Stromproduktion und Börsenstrompreise in Deutschland 2024,” 2024. [Online]. 
    Available: https://www.energy-charts.info/charts/price_spot_ market/chart.htm?l=de&c=DE&interval=year&year=2024.  
  2. Zeitung für Kommunale Wirtschaft, ZfK, “2300 Euro pro MWh: Börsenfehler lässt Strompreise hochschießen,” 26 06 2024. [Online]. 
    Available: https://www.zfk.de/energie/strom/2300-euro-pro-mwh- boersenfehler-laesst-strompreise-hochschiessen. 
  3. Next Kraftwerke GmbH, “November-Dunkelflaute lässt Strompreise auf Jahreshoch steigen,” 18 12 2024. [Online]. 
    Available: https://www.next-kraftwerke.de/energie-blog/ strommarkt-november-2024.  
  4. MDR Sachsen, “Wegen hoher Stromkosten: Stahlwerk in Riesa steht zwei Tage still,” 13 12 2024. [Online]. 
    Available: https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/dresden/ grossenhain-riesa/dunkelflaute-wirtschaft-energie-kosten-geld- feralpi-stahlwerk-100.html. 

Rolls-Royce Power Systems mit Hauptsitz in Friedrichshafen beschäftigt mehr als 10.350 Mitarbeiter. Unter der Marke mtu vertreibt das Unternehmen schnelllaufende Motoren und Antriebs- systeme für Schiffe, schwere Land- und Schienenfahrzeuge, militärische Fahrzeuge sowie für die Öl- und Gasindustrie. 

Zum Portfolio gehören außerdem Diesel- und Gassysteme und Batteriecontainer für sicherheitskritische Anwendungen, zur Dauer- stromerzeugung, für Kraft-Wärme-Kopplung und für Microgrids. Mit klimafreundlichen Technologien trägt Rolls-Royce Power Systems dazu bei, die Energiewende voranzutreiben. 

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