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KI-Boom: Wie Verbrennungsmotoren die Stromversorgung von Rechenzentren sichern - und was Rolls-Royce als nächstes plant

Veröffentlicht am 24 September 2025 von Silke Rockenstein

Rolls-Royce verfügt über das umfassendste Portfolio für die Energieversorgung von Rechenzentren – von Dieselaggregaten bis zu SMR.
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Rechenzentren benötigen Stromversorgungslösungen, die modular, skalierbar und maßgeschneidert sind, und genau das sind unsere mtu-Stromversorgungslösungen.
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Künstliche Intelligenz (KI) bringt die Stromnetze weltweit zum Ächzen, immer mehr Rechenzentren, die diesen Boom stützen, müssen sich selbst mit Energie versorgen – nachhaltig und zuverlässig. Mit fast zwei Jahrzehnten Erfahrung im Bereich der Hyperscale-Rechenzentren verfügt Rolls-Royce über das Know-how und das umfassendste Produktportfolio, um Betreiber bei der Bereitstellung der benötigten Energie zu unterstützen. Im Interview erklärt Rolls-Royce-Datencenter-Experte Kevin McKinney, mit welchen Lösungen Rolls-Royce seine Kunden bei ihren Herausforderungen unterstützt.

Rolls-Royce sagt, dass es das umfassendste Portfolio für die Energieversorgung von Rechenzentren auf dem Markt anbietet. Was umfasst das – ganz kurz erklärt?

Rolls-Royce bietet mtu-Notstrom-Lösungen auf der Grundlage von Diesel- und Gasaggregaten sowie dynamischen Systemen zur unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) an, die weltweit zum Schutz von sicherheitskritischer Infrastruktur eingesetzt werden. mtu EnergetIQ, das Energiemanagementsystem von Rolls-Royce, ist das Gehirn der Energieinfrastruktur und sorgt für die effiziente und sichere Steuerung der Energiesysteme. Mit mehr als 10 GW installierter Leistung an mtu-Notstromaggregaten ist Rolls-Royce für die weltweit boomenden Rechenzentren einer der drei größten Lieferanten von Notstromsystemen. 

Wir sind der einzige große und erfahrene Player im Bereich Energiesysteme für Rechenzentren, der Diesel- und Gasaggregate und dynamische Hochleistungs-USV-Systeme anbietet.

Rolls-Royce-Datencenter-Experte Kevin McKinney, Vice President Powergen Sales Americas

Aktuelle Studien zeigen: Bis 2030 wird sich der Energieverbrauch von Rechenzentren weltweit verdoppeln. Gleichzeitig wächst in vielen Ländern der Anteil erneuerbarer Energien im Stromnetz – doch diese sind oft unbeständig. Für Rechenzentrumsbetreiber wird es also immer schwieriger, genug und vor allem kontinuierlich Strom zu bekommen. Welche Herausforderungen bringt diese Entwicklung für Rechenzentrumsbetreiber? 

Die großen Blackouts im Jahr 2025, wie zum Beispiel in Portugal und Spanien, haben die Anfälligkeit der Netze gezeigt. Kritische Infrastruktur wie Rechenzentren muss gegen Stromausfälle und Netzschwankungen abgesichert sein, da diese zu Datenverlust und Ausfallzeiten führen können. 

Die begrenzte Kapazität der Stromnetze wird weltweit zum Engpass für Rechenzentren – besonders in den USA, Irland und an zentralen Standorten in Europa und Asien. Neue Anschlüsse mit der benötigten Leistung (oft über 100 Megawatt) sind oft nicht verfügbar, was Investitionen blockiert, Standortplanungen scheitern lässt und die Wettbewerbsfähigkeit in der KI-Entwicklung gefährdet.

Gleichzeitig erfordert der rasant steigende Strombedarf durch KI schnelle Lösungen, während der Netzausbau bis zu Jahrzehnten dauern kann. Rechenzentren können zwar zügig gebaut werden, scheitern aber häufig am fehlenden Netzanschluss und an unzureichender Energieversorgung.

Ist Eigenerzeugung ein Lösungsansatz?

Ja, Eigenerzeugung ist eine Lösung, zum Teil mit erneuerbaren Energien, aber vor allem mit Stromerzeugern, die kontinuierlich und zuverlässig liefern, wie zum Beispiel Gasmotorenkraftwerke. Sie können netzunterstützend, aber auch als autarke Energiesysteme genutzt werden. Unsere mtu-Gasaggregate werden bereits für die Dauerstromversorgung von Datencentern eingesetzt. Beispielsweise betreibt SpaceDC seinen Rechenzentrums-Campus in Jakarta mit Rolls-Royce-Technologie. mtu-Gas- und Dieselsysteme mit Abgasnachbehandlungstechnologie sorgen dort für effiziente und saubere Grundlast- und Notstromversorgung sowie Kühlung. Gassysteme bieten höchste Effizienz, weil sie sowohl Strom als auch Wärme bzw. Kälte erzeugen können. mtu-Aggregate bieten zudem eine Lebensdauer von bis zu 84.000 Betriebsstunden bis zur Grundüberholung (TBO). 

Obwohl die Investition in Eigenerzeugung mit Gasmotorenkraftwerken zunächst als Kostenrisiko erscheint, bietet sie langfristig strategische Vorteile. Betreiber können mit eigenen Anlagen neue Einnahmequellen erschließen: Sie können zum Beispiel Reservekapazitäten, Abwärme oder aufbereitetes CO2 verkaufen. Selbst nach Lösung der Netzengpässe lassen sich Überschüsse ins öffentliche Netz einspeisen und so Energiekosten verringern. Damit steigert Eigenerzeugung nicht nur die Betriebssicherheit, sondern stärkt auch die Netzstabilität und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. mtu-Gasaggregate sind auch als Containerlösungen erhältlich, die mobil sind und daher flexibel eingesetzt werden können.

mtu-Gasaggregate der Baureihe 4000, die in 120 Sekunden auf Volllast sind, können jetzt bereits für die Stromversorgung in Rechenzentren eingesetzt werden

Können Gasmotoren auch für die Notstromversorgung von Rechenzentren eingesetzt werden?

Ja, wir bieten jetzt bereits Gasaggregate unserer bewährten mtu-Baureihe 4000 an, die in 120 Sekunden auf Volllast sind und so für die Stromversorgung in Rechenzentren eingesetzt werden können. Die kurze Versorgungslücke schließt eine USV (Batterien oder kinetische Massenspeicher). Und für den 60-Hertz-Markt (z.B. Nordamerika) werden wir ab 2026 Gasaggregate anbieten, die noch schneller – in 45 Sekunden - volle Leistung erbringen werden und das mit einer höheren Leistung als ihre Vorgänger.

Warum sind klassische Diesel-Notstromaggregate immer noch die Nummer 1 der Backup-Lösungen?

Dieselaggregate sind aufgrund ihres hervorragenden transienten Verhaltens – also ihrer Fähigkeit, schnell auf sich ändernde Lasten oder Drehzahlen zu reagieren - und weil sie extrem schnell die volle Last übernehmen können, immer noch die perfekte und gefragteste Lösung für sicherheitskritische Anlagen wie Rechenzentren. Bereits nach zehn Sekunden arbeiten sie auf Hochtouren und übernehmen die komplette Stromversorgung einer Anlage. Die kurze Zwischenzeit bis der Dieselmotor die volle Leistung erbringen kann, überbrücken Batterien oder kinetische Massenspeicher. Im Notfall können Dieselaggregate über mehrere Tage die Stromversorgung übernehmen. An ihre Zuverlässigkeit und Effizienz kommt so schnell kein anderes System heran. Die Kunden vertrauen dieser Technologie und unserem Know-How, weshalb unser Umsatz in diesem Bereich im letzten Jahr um fast 50 Prozent gestiegen ist.

mtu-Kinetic PowerPacks können im Normalbetrieb Leistungs- und Spannungsschwankungen ausgleichen. Auch wenn die primäre Stromquelle ausfällt, reicht die gespeicherte kinetische Energie aus, die Zeit zu überbrücken, bis der Dieselmotor auf Hochtouren läuft. mtu-Kinetic PowerPacks bestehen aus einem ständig rotierenden, kinetischen Massenspeicher, einem mtu-Dieselmotor und einem Generator, der auch als Elektromotor fungiert.

Welche Vorteile bringen dynamische USV-Systeme für Rechenzentren?

Unsere mtu Kinetic PowerPacks können im Normalbetrieb Leistungs- und Spannungsschwankungen ausgleichen, welche bei hochentwickeltem und sensiblem IT-Equipment zu Problemen führen können. Auch wenn die primäre Stromquelle komplett ausfällt, reicht die gespeicherte kinetische Energie aus, die Zeit zu überbrücken, bis der Dieselmotor auf Hochtouren läuft. Im Vergleich zu statischen UPS-Systemen, bieten diese Systeme außerdem den Vorteil einer geringeren Stellfläche und einer geringeren Gesamtkomplexität, da sie keine Batterien oder die damit verbundene HLK-Infrastruktur benötigen. Dadurch haben Rechenzentren mehr Platz für umsatzgenerierende Geräte (d. h. mehr Server).

Nachhaltigkeit und CO2-Fußabdruck sind wichtige Themen im Rechenzentrumsmarkt. Haben Verbrennungsmotoren eine Zukunft in dieser Industrie?

Ja, definitiv! 

Bei Rolls-Royce haben wir unsere mtu-Dieselmotoren in den vergangenen Jahren fit für die Zukunft gemacht: Ohne Leistungseinschränkung ist bereits jetzt eine Reduzierung der CO2-, der Stickoxid- und der Partikel-Emissionen um über 90 Prozent möglich.

mtu-Notstromaggregate sind für nachhaltige Kraftstoffe wie E-Fuels und HVO (Hydrotreated Vegetable Oil) freigegeben. HVO kann ohne weitere Anpassungen anstatt fossilem Diesel verwendet werden. Es ist bereits auf dem Markt weit verbreitet, hinkt jedoch weltweit in der Verfügbarkeit hinterher. Da immer mehr Betreiber es verwenden, und Regierungen Umweltziele vorschreiben, erwarten wir, dass sich dies verbessern wird.

Mit unserem zertifizierten Service können Betreiber die Testläufe ihrer Anlagen seltener durchführen – statt monatlich nur noch alle drei Monate. Das spart nicht nur Geld, sondern reduziert auch die Emissionen. Unsere mtu-Abgasnachbehandlungssysteme halten zudem Schadstoffe wie Stickoxid und Feinstaub auf einem absoluten Minimum.

Wir haben als erster Motorenhersteller zertifizierte Umweltprodukt-Deklarationen für Notstromaggregate entwickelt. Damit weisen wir den Umweltfußabdruck unserer mtu-Systeme nach, setzen neue Standards für Umwelttransparenz und unterstützen Kunden bei der Reduzierung ihres CO2-Fußabdrucks.

Für Gasmotoren sind nachhaltige Kraftstoffe wie Biogas und Biomethan verfügbar und bieten eine umweltfreundliche Lösung. Sobald grüner Wasserstoff ausreichend verfügbar ist, können mtu-Gasaggregate mit 100 Prozent Wasserstoff oder auch mit einer Wasserstoff-Beimischung erheblich zur CO2-Reduzierung beitragen. Seit dem Sommer 2025 haben wir erste mtu-Blockheizkraftwerke mit 100 Prozent Wasserstoff im Einsatz.

Auch in der Entwicklung von Carbon-Capture-Lösungen, bei denen das CO2 von Gaskraftwerken rückgewonnen und aufbereitet wird, sind wir aktiv und haben ein 10-Megawatt-Gasmotorenkraftwerk inklusive einer CO2-Rückgewinnungsanlage in Großbritannien in Betrieb genommen. 

Welche Trends sehen Sie für die Energieversorgung von Rechenzentren in den nächsten zehn Jahren?

Es besteht kein Zweifel daran, dass Effizienz und Sicherheit weiterhin Priorität in der Energieversorgung von Rechenzentren haben. Lösungen, die nachhaltig sind und Lösungen, die Möglichkeiten für Eigenerzeugung bieten, um Resilienz und Autarkie in der Energieversorgung zu stärken, werden wichtiger werden.

Wir gehen davon aus, dass künftig verstärkt Erdgas für die Energieversorgung von Rechenzentren verwendet wird, insbesondere in Nordamerika, wo es relativ kostengünstig und leicht verfügbar ist. Wir sehen es als natürliche Überbrückungstechnologie für die sich abzeichnende Energielücke zwischen Angebot und Nachfrage aus dem Stromnetz. 

Mittel- bis langfristig sehen wir auch nukleare Lösungen wie die kleinen modularen Reaktoren (SMR) aufkommen, die Rechenzentren eine zuverlässige, langfristige Energieversorgung bieten. Diese werden ebenfalls eine Notstromversorgung benötigen, sodass die Nachfrage nach unseren Diesel- und Gassystemen auch beim Einsatz von SMR bestehen bleiben wird.

Insgesamt sehen wir nicht die eine Lösung, nicht den silver bullet. Wir gehen davon aus, dass es je nach Region, Gegebenheiten und je nach Kundenbedarf verschiedene Technologien und Lösungen geben wird.

Was kommt als nächstes bei Rolls-Royce – wird es neue Lösungen geben?

Ja, wir werden weiterhin innovativ sein, um mit dem sich ständig weiterentwickelnden Markt für Rechenzentren Schritt zu halten, da dieser einer unserer wichtigsten Märkte ist.

Unser strategisches Ziel ist es, das Stromerzeugungsgeschäft weiter profitabel auszubauen. Zu diesem Zweck investieren wir massiv in die Erweiterung unseres Portfolios, um den zukünftigen Anforderungen unserer Kunden gerecht zu werden.

Im Bereich Dieselmotoren entwickeln wir derzeit die nächste Generation unseres bewährten Motors der Baureihe 4000, die ab 2028 erhältlich sein wird. Der neue Motor wird bei nahezu gleicher Stellfläche eine Leistungssteigerung von mehr als 20 Prozent bieten und uns damit die beste Leistungsdichte seiner Klasse verschaffen, was wiederum den Kunden in Form eines geringeren Platzbedarfs zugutekommt. Die Motoren der neuen Plattform sind auch deshalb spannend, weil sie weniger Kraftstoff verbrauchen werden und mit nachhaltigen Kraftstoffen betrieben werden können.

Im Gasbereich wird die Einführung der 45-Sekunden-Schnellstartlösung mit höherer Leistung für den US-Markt einen bedeutenden Fortschritt für unsere Kunden darstellen.

Wir gehen auch davon aus, dass unsere Kunden die Vorteile einer Kombination aus Diesel- und Gasaggregaten schätzen lernen werden –um Emissionen zu reduzieren, die Effizienz zu verbessern und flexibler und schneller zu expandieren. Insgesamt sehen wir uns hier gut aufgestellt für die zukünftigen Entwicklungen.

Rolls-Royce SMR Ltd wurde gegründet, um ein kostengünstiges Kraftwerk zu entwickeln, das Strom mit einem kleinen modularen Reaktor erzeugt – eine intelligente Lösung, um unseren zukünftigen Energiebedarf zu decken.

Mit Blick auf die Zukunft sind wir begeistert von den Aussichten für die SMR-Kernkraftwerk-Lösung von Rolls-Royce. Das SMR von Rolls-Royce bietet einen radikal anderen Ansatz für den Einsatz bewährter Nukleartechnologie und wurde bereits für den Einsatz in Großbritannien (durch Great British Nuclear – Energy) und in der Tschechischen Republik (durch den europäischen Energieversorger CEZ) ausgewählt. Das Rolls-Royce SMR befindet sich in der letzten Phase der Bewertung durch die britischen Aufsichtsbehörden und ist kürzlich in die Vorantragsphase des Regulierungsprozesses in den USA eingetreten.

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